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Die Fahne hat Bruce Leslie (rechts) noch schnell am Flughafen gekauft - damit die fünf Ranger beim Zieleinlauf das richtige Signal geben können.

© Dagmar Dehmer

Update

Berlin-Marathon: Aus der Savanne in den Großstadt-Dschungel

Vier Ranger aus Südafrika laufen beim Marathon mit. Vorher fahren sie erstmals U-Bahn und wundern sich: Berlin riecht so frisch! Ihr Lauf soll auch ihren täglichen Kampf gegen die Nashorn-Wilderer beflügeln.

Unter drei Stunden. Das ist das Ziel des Rangers aus dem Krüger-Nationalpark in Südafrika. Wenn er an diesem Sonntag beim Marathon mitläuft, will er unter die ersten 100 kommen, erzählt er aufgeregt. Gemeinsam mit drei Kollegen und Bruce Leslie, der die Ranger koordiniert, ist er nach Berlin gereist, um für seine Sache zu werben: „Rangers run for Rhino“ – Wildhüter laufen für Nashörner.

Der jüngste der fünf Ranger ist tatsächlich unter drei Stunden geblieben. Er beendete den Marathon in 2:58 Stunden, zwei seiner Kollegen schafften die Strecke in 3:28 Stunden und 4:10 Stunden. Bruce Leslie kam nach 4:13 Stunden ins Ziel. Einer der Ranger hat sich allerdings verletzt und schaffte es nicht bis ins Ziel.
Die Reise ist auch als Belohnung für die Ranger gedacht, die täglich ihr Leben riskieren, um es Wilderern möglichst schwer zu machen, noch weitere Nashörner zu töten. Deshalb hat die deutsche Entwicklungsbank KfW einen Teil der Reisekosten für die Gruppe übernommen. Die südafrikanische Nichtregierungsorganisation Stop Rhino Poaching und die SAN Parks Honorary Rangers, die schon seit 1964 Geld auftreiben, um die Wildhüter besser auszustatten, haben sich ebenfalls an den Kosten beteiligt.
Am Freitag sind sie angereist und waren mehr als 20 Stunden unterwegs. Aber am Tag vor ihrem großen Lauf sind sie unternehmungslustig – und wollen alles sehen. Sie sind in einem kleinen Hotel in Wilmersdorf untergekommen. Am Samstagmorgen laufen sie in einen kleinen Park. Dort gibt es mehrere Fußballplätze – da bleiben sie gleich stehen und gucken zu. Die Mini-Golf-Anlage lassen sie aber links liegen: zu seltsam. Die ersten Eindrücke von Berlin haben die fünf Ranger gewonnen, als sie mit den Autos des Hauptsponsors des Berlin-Marathons abgeholt worden sind. Dass die Stadt groß ist, haben sie da schon bemerkt. „Aber es riecht gar nicht nach Großstadt“, sagt Bruce Leslie überrascht. „Es riecht richtig frisch hier.“ Das müsse wohl an den Grünanlagen liegen, gibt er sich selbst die Antwort. Für eine Stadt sei Berlin doch ziemlich grün.

Ein Honorary-Ranger zeigt den Wildhütern Berlin

Ganz besonders freut sich der jüngste der Ranger darauf, zum ersten Mal in seinem Leben in eine U-Bahn zu steigen. Das gibt es in Südafrika nicht. Zwei Tage vorher hat er zum ersten Mal ein Flugzeug betreten, wie seine drei Kollegen auch. Paul Selby, selbst ein Honorary Ranger, lebt in Berlin und zeigt den fünf Männern die Stadt. Es sei ihm zu verdanken, erzählt Bruce Leslie, dass „aus der Idee Wirklichkeit geworden ist“.
Marathon-Laufen ist für die fünf Südafrikaner eine Leidenschaft. Sie alle gehören dem Skukuza Marathon Club an. In Skukuza findet im August ein Halbmarathon statt, der durch die Stadt und den Nationalpark führt. „Er ist immer ausgebucht“, erzählt Leslie. Nach dem Skukuza Marathon 2014 hatte er den Gedanken: „Es wäre doch großartig, unseren Rangern zu ermöglichen, bei einem internationalen Marathon einmal dabei zu sein.“ Er dachte an den London-Marathon. Als er Paul Selby davon erzählte, war der sofort Feuer und Flamme. Und außerdem war einer seiner Freunde mit engen Verbindungen zum Berlin-Marathon gerade im Krüger-Nationalpark im Urlaub. Die Absprachen waren schnell erledigt. Es dauerte dann noch einige Zeit, bis Leslie die Mittel zusammen hatte.

Sie laufen für die Nashörner im Krüger-Nationalpark: Vier Ranger aus Südafrika sind beim Berlin-Marathon dabei.
Sie laufen für die Nashörner im Krüger-Nationalpark: Vier Ranger aus Südafrika sind beim Berlin-Marathon dabei.

© Dagmar Dehmer

Die vier Ranger sind entschlossen, ihren Aufenthalt in Berlin in vollen Zügen zu genießen. In der U-Bahn haben sie das schon gleich erlebt, weil schon am Samstagmorgen alle Züge voll mit Läufern waren, die sich registrieren wollten. Nach der Registrierung wollten sie zum Potsdamer Platz weiter ziehen. Paul Selby wollte ihnen so viel von Berlin zeigen, wie es an einem Tag nur möglich ist. Nach ihrem Lauf am Sonntag haben sie noch zwei Tage, um mehr von der Stadt zu sehen. Drei der Ranger sind schon viele Marathons gelaufen. Einer ist sogar schon mehrere Rennen gelaufen, die über 89 Kilometer gehen. Seine beste Zeit auf der Lang-Langstrecke waren sechseinhalb Stunden, berichtet er. Auch er hofft auf eine persönliche Bestzeit auf den Straßen von Berlin. „Das ist ein schneller Marathon habe ich gehört. Hier werden Weltrekorde gelaufen. Da will ich auch schnell laufen.“ Der jüngste in der Gruppe hat noch nicht so viel Erfahrung, „aber viel Talent“, sagt sein Chef Bruce Leslie.

Der Krieg gegen die Nashorn-Wilderer

Leslie träumt davon, dass es nicht bei diesem einen Berlin-Marathon für seine Ranger bleibt. Er wünscht sich, dass diese Reise zu einem Angebot werden könnte, „das unsere Ranger motiviert, noch mehr zu geben“. Die Ranger „kommen aus dem Krieg“, sagt er. Dem „Krieg gegen die Nashorn-Wilderei“. Das ist auch der Grund, warum die vier Ranger in diesem Text namenlos bleiben werden. Würde ein Name gedruckt, könnte es das Wilderern leichtmachen, sie oder ihre Familien zu finden. Wer dagegen mit einem namenlosen Foto herumläuft, um jemanden zu suchen, „fällt schon eher auf“. Das Risiko für die Ranger sei hoch: „Wir bringen Menschen für bis zu 21 Jahre ins Gefängnis. Es kann Verletzte geben oder sogar Tote.“ Nicht nur bei den Wilderern sondern auch bei den Rangern. „Wir müssen sie schützen so gut es geht.“

Bruce Leslie arbeitet seit 21 Jahren im Krüger-Nationalpark „und ich habe noch nie eine solche massive Zunahme der Wilderei gesehen“. Er sieht erste Erfolge. Die Ranger sind inzwischen bewaffnet, sie verfügen über Überwachungstechnik, und 375 Wildhüter arbeiten im Krüger-Nationalpark. Allerdings müssen sie ein Gebiet von der Größe Israels überwachen. Bis August waren die Wilderer 458 Mal erfolgreich, vor einem Jahr hatten sie bis August allerdings bereits 557 Nashörner niedergemetzelt. Die Zahl der Versuche steigt allerdings weiter. „Aber sie haben nicht mehr so oft Erfolg“, sagt Leslie hoffnungsvoll. Von zehn Versuchen, ein Nashorn zu töten, haben noch zwei Erfolg. Ende 2014 starben drei von acht Nashörnern, die angegriffen worden waren. Was Bruce Leslie aber zusätzlich beunruhigt, ist die Zahl der gewilderten Elefanten. Bis August waren es 36, ein Jahr zuvor waren es noch sieben gewesen. „Um unser Welterbe zu schützen, brauchen wir motivierte Ranger“, sagt Leslie. Vier von ihnen hat er nun zum Marathon mitgebracht. Zu Hause laufen sie um ihr Leben, in Berlin um die Zeit.

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