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Berlin: Berlin – nicht zu fassen

Der 86-jährige Harold Burson ist ein PR-Guru Wie würde der Amerikaner für die Stadt werben?

Harold Burson und Berlin – sie haben sich beide sehr verändert, seit er das erste Mal hier war. Burson war US-Soldat und angehender Reporter, Berlin ein Trümmerhaufen im Griff des Winters 1945/46. Jetzt ist Burson 86, Gründer und ältester Mitarbeiter von Burson-Marsteller, einer der weltgrößten PR-Agenturen. In dieser Branche genießt er seit Jahrzehnten den Ruf eines Gurus.

Und was ist aus Berlin geworden seit der ersten Begegnung? Wie steht es um unser Image? Darüber sollte man reden mit Harold Burson, wenn er gerade hier ist. Und zwar im Büro seiner Agentur, aus dem man auf den Checkpoint Charlie schaut und damit irgendwie auf die ganzen Jahre seit Bursons erstem Besuch. Weil er 1979 zum letzten Mal hier war, erzählt man ihm also ein bisschen vom industriellen Zusammenbruch einerseits, der aber durch das zunehmende Nabel-der-Welt-Gefühl andererseits nicht allzu sehr aufs Gemüt schlägt. Dann überlegt er und resümiert: „Berlin ist – ja, Berlin ist jetzt einfach eine Hauptstadt eines europäischen Staates. Und eher nicht die, die für Amerikaner ganz oben auf der Liste der Reiseziele steht.“

Wenn Burson zu Mauerzeiten nach Berlin flog, war das für ihn als Amerikaner eine Reise zum Symbol der Freiheit schlechthin. Die durfte auch umständlich sein. Dass er jetzt auf dem Weg von Los Angeles hierher in Frankfurt umsteigen musste, hat ihn dagegen gewundert. Einer Hauptstadt ohne ordentliche Flugverbindungen kann auch er schwer helfen. Dabei ist Krisenmanagement ein Schwerpunkt seines Unternehmens. Mister Burson, wie kommen wir ohne Nonstop- Flug ganz nach oben auf die Liste?

„Tja, ihr wart berühmter, als ihr die Mauer noch hattet“, sagt er. „Jetzt steht Berlin in den New Yorker Zeitungen am ehesten für die Philharmoniker und die Staatsoper. Also eine sehr limitierte Zielgruppe.“ Wie gern junge Leute hierherziehen, weiß man in Amerika nicht. Alles in allem ist Berlin eine Stadt ohne besondere Eigenschaften geworden.

Burson überlegt, wie sich Berlin profilieren könnte: „In Washington hat sich viel Hightech angesiedelt: Biotechnologie, Zulieferer fürs Militär. Das läuft dort gut.“ Gäbe es auch was, das ohne Industrie funktioniert? „Las Vegas“, sagt Burson. „Die Leute geben dort Unsummen für ein langes Wochenende aus.“ Ja, aber die deutsche Hauptstadt als Spielerparadies… – „Houston“, macht Burson noch einen Versuch. „Die haben die medizinische Ausbildung gestärkt und sich als bedeutendes Krebszentrum profiliert. Gute Idee, denn wohlhabende Leute nehmen weite Reisen auf sich, um bestmöglich versorgt zu werden.“

Am Wochenende war Burson in Berlin unterwegs, hat mit Blick aufs Brandenburger Tor diniert und sich bei einem Spaziergang durch Dahlem gewundert, wie billig die Häuser sind. Seine Mitarbeiter hatten noch überlegt, ob sie ihm auch Friedrichshain zeigen sollten, damit er ein bisschen vom neuen Berlin atmet. Aber dann dachten sie sich, dass man den Geist der hippen Viertel beim Durchfahren wohl nicht spürt – und haben es gelassen. Es scheint also wirklich schwierig zu sein, Berlin zu verkaufen. Stefan Jacobs

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