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Idee schlägt Geld: Wohnbebauung in der südlichen Friedrichstraße. Bald entstehen gegenüber vom Jüdischen Museum neue Wohnungen für Kreative.

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Südliche Friedrichstadt: Berlin verkauft Immobilie nicht zum Höchstpreis

Am Jüdischen Museum entstehen Lofts für Kreative. Nach einem langwierigen Vergabeverfahren steht nun der Gewinner fest. Dabei profitiert die Genossenschaft von einer neuen Liegenschaftspolitik, die bald als Musterbeispiel dienen könnte.

In einer spektakulären Vergabeentscheidung hat die Genossenschaft mit diesem Konzept vor wenigen Tagen den Zuschlag für das 2400 Quadratmeter große Grundstück bekommen. Denn die 2,4 Millionen Euro, die Berlin von der Genossenschaft erhält, waren nicht der maximal mögliche Ertrag für die Landeskassen. Eine halbe Million Euro mehr hätte der Höchstbietende überwiesen. Doch der Grundstücksverkäufer, die landeseigene „Berliner Großmarkt“, entschied sich gegen den Entwickler eines – gefühlt – hundertsten Blocks mit hippen Luxusappartements – und zugunsten des alternativen Konzeptes.

Der Steinway-Flügel, den Konzertpianist Pietro Massa den Philharmonikern abgekauft hat, kommt mitten rein in sein neues Loft an der Blumengroßmarkthalle. Den größten Teil der 100 Quadratmeter, die er gegenüber vom Jüdischen Museum beziehen wird, wird zum Büro seiner Agentur für Konzertmanagement. Wohnen will Pietro an der südlichen Friedrichstraße auch. Aber auf kleinem Raum. Mehr ist auch nicht erlaubt. Denn das Projekt „Frizz23" muss vor allem eins bieten: Produktionsflächen für Kreative aus der pulsierenden Szene.

"Diskursives Verfahren" als Vorbild

Nun müssen sie Ernst machen, die Überlebenskünstler, die aus den Brachen, Ruinen und Nischen der Stadt den Mythos der unfertigen Metropole erzeugt haben. Zum Beispiel Mathew Griffin, der Kanadier, der seit 22 Jahren in Berlin lebt und mit seiner Frau Britta Jürgens schon in der Friedrichstadt ein Architekturbüro mit angeschlossenen Gästehaus errichtet hat, die „Minilofts“. Ein weiteres Stück dieser von Berlins Bewohnern „selbst gemachten Stadt“, wie er sagt, soll nun an der Friedrichstraße entstehen. Schriftsteller, Maler, Grafiker, Designer, die raus aus dem Haushalt mit den wuselnden Kindern müssen und Ruhe für ihre Arbeit brauchen, sind als Genossen beigetreten.

Jahrelang haben die Entwickler dafür reden, schreiben, überzeugen müssen – weil beim zuvor gelaufenen „Diskursiven Verfahren“ wirklich jeder seine Meinungen und Bedenken äußern konnte: Aus dem Kiez, der Politik und der Kreativszene. Vielleicht wird diese Grundstücksvergabe, bei der nicht der Preis, sondern das Konzept den Ausschlag gab, deshalb zum Musterbeispiel für das lang ersehnte und politisch beschlossene „Neue Liegenschaftskonzept“ des Senats.

Platz für Medien und Weiterbildung

Zumal sich auf der heute gestaltlosen urbanen Brache die Identität eines neuen Quartiers abzeichnet: Die „taz“ soll ein weiteres Baufeld bekommen und auch der Verlag „Landau-Media“. Fester Teil des Frizz23-Projektes ist außerdem das „Forum Berufsbildung“. Der größte private Träger bildet in 14 Berufen aus und ist seit 25 Jahren in der Stadt tätig. In den Obergeschossen dieses Teils des Blockes entstehen Seminarräume, unten Veranstaltungsräume.

Auch eine Dachterrasse ist geplant und eine kleine Markthalle sowie ein Café im Erdgeschoss des Quartiers. Und wenn der Besselpark erst einmal angelegt ist, entsteht hier ein schönes neues Stück altes Kreuzberg.

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