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Berlin: Berlin wünscht sich Shopping ohne Ende

Ladenschluss: Nach dem Urteil der Verfassungsrichter verlangt der Senat vom Bund mehr Kompetenzen

Der Berliner Senat will den Ladenschluss weitgehend abschaffen. Wenigstens in der Innenstadt, wo viele Touristen unterwegs sind, sollen die Läden montags bis sonnabends rund um die Uhr öffnen dürfen. Nur sonntags sollen auch in der City weiterhin Einschränkungen gelten.

Die Bundesregierung solle den Ländern rasch mehr Kompetenzen übertragen, verlangte die Wirtschaftsverwaltung nach dem gestrigen Ladenschluss-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG). Bis dahin seien Alleingänge des Senats allerdings sinnlos, sagte der Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), Christoph Lang. Berlin habe mit den bestehenden Sonderregelungen bereits „den Auslegungsspielraum ausgereizt“. SPDFraktionschef Michael Müller kündigte für den Herbst Gespräche mit Bundespolitikern an.

Die Fraktionen der CDU und FDP im Abgeordnetenhaus forderten eine neue Berliner Bundesratsinitiative. Davon hält die Wirtschaftsverwaltung jedoch wenig: „Dieses schwerfällige Verfahren bringt nichts.“ Tatsächlich liegt eine Bundesratsinitiative des ehemaligen CDU/SPD-Senats, die Öffnungszeiten bis 22 Uhr vorsah, bis heute auf Eis.

Dem Senat geht es vorrangig um den Tourimus: „Die Kaufkraft muss von außen kommen“, sagte Lang. Der Arbeitnehmerschutz dürfe allerdings nicht vernachlässigt werden. Darauf wies auch eine Sprecherin der Sozialverwaltung hin: Das Gericht habe die Schutzrechte der Beschäftigten, die zum größten Teil Frauen seien, ausdrücklich anerkannt.

Berlins Einzelhandelsverband ist enttäuscht vom BVG-Urteil. Der nach Karlsruhe gereiste Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen fühlte sich während der Urteilsverkündung „mitunter wie im 19. Jahrhundert“: Die Richter hätten „kein Wort über Europa oder den internationalen Wettbewerb verloren“. In Polen seien Öffnungszeiten von 8 bis 24 Uhr möglich.

Den Senat und die Bezirke lobte Busch-Petersen für ihre „extrem liberale Praxis“. Schließlich gebe es vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr und weitere Ausnahmen bei Straßenfesten. Der Verband fordert nach wie vor, den Ladenschluss an sechs Wochentagen abzuschaffen. Der Sonntagsverkauf habe dagegen nie im Vordergrund gestanden, so Busch-Petersen.

Eine Mitgliederbefragung des Verbands hat ergeben, dass zwei Drittel der Händler die bis 20 Uhr verlängerten Öffnungszeiten an Sonnabenden ganz oder teilweise nutzen. Innerhalb dieser Gruppe sind 54 Prozent auch interessiert an Sonntagsverkäufen.

Der vom Kaufhof-Konzern angestrengte Prozess vor dem Verfassungsgericht hatte seinen Ursprung in Berlin. Der damalige Chef des Kaufhofs am Alex, Günter Biere, hatte sein Warenhaus 1999 zwei Mal ohne Erlaubnis an Sonntagen geöffnet. Alle Waren wurden per Aufkleber zu „Berlin-Souvenirs“ erklärt, um den Ausnahmevorschriften zu genügen. Doch das Landesamt für Arbeitsschutz untersagte die Aktionen.

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