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Ab Freitag kann man im Berghain nicht nur Raven, sondern auch Eislaufen.

© imago/Votos-Roland Owsnitzki

Berliner Eisbahnen: Da kommt was ins Rutschen

Eine alte Freizeitbeschäftigung wird neu belebt: Sogar im Berghain kann man jetzt eislaufen. Zuletzt waren die Bahnen reihenweise verschwunden.

Früher war mehr Eislauf. Im Fernsehen – Kilius-Bäumler! – und im richtigen Leben auch. Irgendwann, so scheint es, ist die Sache mit den Schlittschuhen in Berlin im Wortsinn uncool geworden. Aber muss das so bleiben? Einige neue Eisbahnen ziehen gegenwärtig viele Besucher an, immer wieder poppen welche auf und verschwinden wieder, und auch eine Einrichtung, die die Bezeichnung „cool“ doch wohl gepachtet hat, steigt nun ins Eisvergnügen ein: Das Berghain.

Der Club in Friedrichshain eröffnet am heutigen Freitag um 16 Uhr eine Eisfläche, die dem Stil des Hauses angemessen illuminiert und beschallt wird: Die Beleuchtung kommt vom Berliner Lichtkünstler Christopher Bauder, die Musik von wechselnden DJs, auch eine Bar ist installiert. Und Erziehungsberechtigte, die sich vor dem schrägen Ruf des Berghain fürchten, werden beruhigt die Warnung in der Einladung lesen, man solle beim Eislaufen lieber nicht trinken. Um Mitternacht, wenn die eigentlichen Clubgäste noch frühstücken, ist dann auch spätestens Schluss. Das Eis allerdings, so heißt es in der Ankündigung, sei „synthetisch“, was immer das heißen mag.

Berlin war mal ein Eislaufparadies

Da ist also was im Kommen, dem Klimawandel zum Trotz. Allerdings erinnern sich ältere Berliner noch ganz gut daran, dass die Stadt mal ein einziges Eislaufparadies war, jedenfalls bei Dauerfrost. Denn neben den Kunsteisanlagen, die überwiegend erst viel später gebaut wurden, gab es viele glatte Flächen, die bei passendem Wetter einfach geflutet wurden und dann so lange gratis genutzt werden durften, wie die Kälte eben hielt, ohne Aufsicht, ohne TÜV, ohne Schlittschuhverleih.

Eine der populärsten Bahnen lag an der Saalestraße in Neukölln. Andere brachten es dagegen nie zu großer Bekanntheit, wie der Parkplatz vor dem Bosestadion in Tempelhof, der Anfang der Sechziger Jahre besonders eben asphaltiert und für eine Eisfläche präpariert wurde. Er geriet aber nach einigen erfolgreichen Anläufen in Vergessenheit, denn man brauchte die Parkplätze dann doch ganzjährig. Nicht mehr nur für Stadionbesucher, sondern auch für die Anwohner.

Auch beliebt und verschwunden: Die Eisbahnen am Glockenturm hinter dem Olympiastadion und Spandau/Havelufer.

Eine Eintagsfliege war die Eisbahn auf dem Dach des Bikini-Hauses

Den heftigsten Phantomschmerz verspüren gereifte Skater natürlich, wenn sie ans Europa-Center denken, in dessen ursprünglich offenem Innenhof sich eine extrem beliebte Eisbahn befand, dank Kältemaschinen sogar vom Wetter unabhängig. Sie wurde 1965 eröffnet und verschwand 1974 beim Umbau des Einkaufszentrums. Ein später Nachhall, aber offenbar auch eine Eintagsfliege, war die Eisbahn auf dem Dach des Bikini-Hauses in der Saison 2014/15.

Ebenfalls wieder verschwunden ist die Bahn auf dem Dach von Möbel-Kraft am Sachsendamm. Auf Dauer scheint hingegen die provisorische Bahn angelegt zu sein, die alljährlich neun Wochen am Potsdamer Platz aufgebaut wird, allerdings wegen ihres Kunststoffbodens im Internet durchweg verheerende Bewertungen einfährt.

Der "Eisstrand Friedrichshagen" ist die wohl attraktivste Eisbahn

Hochkonjunktur hat dagegen der Müggelsee. Nicht unmittelbar, denn auf Berliner Seen wird natürlich nur eisgelaufen, wenn Wetter und Eis es hergeben. Doch es macht kaum weniger Spaß, wenn der See doch wenigstens zu sehen ist – wie auf Berlins gegenwärtig wohl attraktivster Eisbahn, dem „Eisstrand Friedrichshagen“. Auch das populäre Gasthaus „Rübezahl“ auf der anderen Seeseite punktet mit einer Eisbahn, die allerdings komplett überdacht und verglast ist, also die Natur doch auf Abstand hält.

Ungeachtet all dieser großen und kleinen, meist kurzlebigen Eisflächen gibt es natürlich die öffentlichen Eisstadien der Stadt. Nützlicherweise wurden sie wegen einer parlamentarischen Anfrage des SPD–Abgeordneten Dennis Buchner gerade einmal zusammengezählt: Das Eisstadion Neukölln, die Eissporthalle Charlottenburg, das Horst-Dohm-Eisstadion in Wilmersdorf, das Erika-Heß-Eisstadion in Mitte, das Sportforum Berlin in Hohenschönhausen und die Sportanlage Paul-Heyse-Straße in Prenzlauer Berg.

Sie werden in der Regel von September bis April betrieben und sind meist in der Hand von Schulen und Vereinen, die Vorrang haben. Das Sportforum hat sogar drei Hallen, die durchweg von Vereinen und dem Leistungszentrum für Eishockey, Kunstlauf und Eisschnelllauf genutzt werden. Diese Anlage und die in Prenzlauer Berg werden nicht von den Bezirken, sondern zentral vom Senat verwaltet, der sich das ordentlich was kosten lässt. Allein der Sanierungsbedarf wird auf mehr als 37 Millionen Euro geschätzt. Wer für fünf Euro im Berghain herumrutscht, wird es verschmerzen können.

Halle am Berghain, Am Wriezener Bahnhof 10, Friedrichshain, bis 10. Februar täglich außer Montag, Di-Sa 16-24, So 14-22 Uhr.

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