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Derzeit wird am Berliner Arbeitsgericht in mehreren Fällen über das Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Schulen verhandelt.

© Jörg Carstensen/dpa

Berliner Neutralitätsgesetz: Grüne wollen Entscheidung beim Kopftuchverbot

Niemand weiß, ob das Neutralitätsgesetz rechtskonform ist. Die Grünen-Vorsitzende Antje Kapek fordert vom Senat, diesen Zustand zu ändern.

Von Ronja Ringelstein

Im Streit der rot-rot-grünen Regierungskoalition um das Berliner Neutralitätsgesetz hat Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, den Ton verschärft. Sie fordert den Senat auf, sich in der Sache „nicht weiter wegzuducken“. Damit reagiert Kapek auf den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der kürzlich in einem Interview mit der „Welt“ gesagt hatte, er wolle um das Neutralitätsgesetz „kämpfen“. Das sei eine schwierige Haltung, findet Kapek. „Wenn wir einen nicht rechtskonformen Zustand haben, darf man den nicht aussitzen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Ob das Gesetz rechtskonform sei, wisse man schließlich nicht. Eine höchstrichterliche Entscheidung gab es zu Berlins Neutralitätsgesetz bislang noch nicht.

Eine Grundschullehrerin hatte geklagt

Die drei Koalitionäre haben wie berichtet verschiedene Positionen zu dem Gesetz, das Beamten wie Polizisten, Justizangestellten, aber auch Lehrern an Schulen verbietet, im Dienst sichtbare religiösen Symbole wie Kippa, Kreuz oder Kopftuch zu tragen. Die SPD will daran festhalten, die Linke ringt noch um eine gemeinsame Haltung und will etwa ein Jahr lang diskutieren. Die Mehrheit der Grünen tendiert dazu, dass sie das Gesetz für verfassungswidrig, weil diskriminierend, hält.

Derzeit laufen mehrere Verfahren vor dem Berliner Arbeitsgericht. In einem Fall hatte eine Lehrerin gegen das Land Berlin geklagt, da sie mit Kopftuch dauerhaft an einer Grundschule unterrichten wollte. Am ersten Tag ihrer Beschäftigung war sie mit Kopftuch erschienen, daraufhin freigestellt und ans Oberstufenzentrum versetzt worden. Dort ist das Tragen von religiösen Zeichen erlaubt.

Vertreten wird das Land Berlin in dem Verfahren durch die Anwältin und Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, Seyran Ates. Kommenden Mittwoch verkündet das Gericht seine Entscheidung. Ates hatte es in der Verhandlung im April als die „sauberste Lösung“ bezeichnet, das Bundesverfassungsgericht entscheiden zu lassen. Dann würde erstmals höchstrichterlich geklärt werden, ob das Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Ist es das nicht, müsste es nachgebessert werden. Doch Karlsruhe wurde nicht eingeschaltet. Ohnehin hatte sich vor dem Arbeitsgericht eine Niederlage für das Land abgezeichnet.

Im Moment zahlt Berlin nur Schadensersatz

Bereits vor rund einem Jahr, hatte das Landesarbeitsgericht einer muslimischen Lehrerin Schadensersatz in Höhe von zwei Monatsgehältern der Lehrerstelle – also 8680 Euro – zugesprochen. Die Frau hatte sich um eine Stelle als Grundschullehrerin beworben, wurde aber nach ihrer Erklärung, sie wolle ihr muslimisches Kopftuch auch im Unterricht tragen, abgelehnt. Das Gericht sah hier eine Diskriminierung. Berlin zahlte, in die nächste Instanz ging es nicht.

Das darf sich nicht wiederholen, findet die CDU. „Wir würden es begrüßen, wenn das Land in Berufung ginge“, sagt die Integrationspolitische Sprecherin der CDU, Cornelia Seibeld. „Denn die Situation, die jetzt herrscht, dass man nichts tut und immer wieder Schadensersatz zahlt, ist vollkommen unbefriedigend“. Die CDU hatte sich mit der SPD stets für ein Festhalten am Neutralitätsgesetz ausgesprochen. Mit den jetzigen Koalitionspartnern könnte das für die SPD bald vorbei sein. „Ich beobachte, dass alle wichtigen Akteure im Parlament wahrnehmen, dass der Handlungsbedarf wächst“, sagt Kapek.

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