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Berliner SPD: Denkzettel für einen Treulosen

Im SPD-Bundesvorstand wurde Klaus Wowereit abgestraft. Berliner Genossen werten das als Revanche.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein SPD-Rechter, der nicht genannt sein will, spendet Klaus Wowereit Trost. Dass der Regierende Bürgermeister im SPD-Bundesvorstand bei der Nominierung zum Vize-Parteichef das schlechteste Ergebnis erzielte, sei „wenig spektakulär“. Schließlich sei die Partei seit der Bundestagswahl aufgewühlt und empfindlich. In dieser Situation habe der Berliner SPD-Landesvorstand öffentlich an der Autorität des amtierenden Parteivorstands, der alten Garde, gesägt. Da sei es kein Wunder, dass der wichtigste Berliner Genosse abgestraft wurde.

Vor allem Peer Steinbrück, der scheidende Finanzminister, schimpfte am Montag im Parteivorstand heftig auf Wowereit und die Berliner Genossen, die in einer Resolution nicht nur ihn, sondern auch Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering namentlich für das desaströse Wahlergebnis verantwortlich machten. Steinbrück sprach von einem „stillosen Umgang“ und Treulosigkeit.

Wowereit erhielt, wie berichtet, bei der Nominierung für den SPD-Bundesparteitag nur 22 von 36 Stimmen. Zwei Stimmen weniger als die Parteilinke Andrea Nahles. Neun Stimmen weniger als der Ex-Bundesminister Olaf Scholz und die Genossinnen Hannelore Kraft und Manuela Schwesig. Ein schmerzhafter Dämpfer für den ehrgeizigen Spitzenmann aus Berlin, der sich seit 2005 diskret darum bemüht, in die engere Führungsspitze der deutschen Sozialdemokratie vorzurücken. Bisher vergeblich.

Nicht zuletzt jene Altvorderen, die jetzt aus der SPD-Führungsriege ausscheiden, widersetzten sich beharrlich den Bemühungen Wowereits, ganz nach oben vorzustoßen. Seit er in Berlin gemeinsam mit der Linken (früher PDS) regierte und jenes Tabu brach, das in der Bundes-SPD erst jetzt angetastet wird, galt Wowereit bei vielen maßgeblichen Genossen als ausgesprochen harter Linker. Das stimmt zwar nicht, aber die echten Linken in der Bundespartei haben ihn längst adoptiert, und er hat diese Rolle dankbar angenommen.

Es war aber nicht nur der frisch aufgebrochene Rechts-Links-Konflikt, der bei der Nominierung der künftigen SPD-Führungsriege eine Rolle spielte. Es war, so hört man, auch die Unzufriedenheit altgedienter Genossen mit der Art und Weise, wie am Parteivorstand vorbei das neue Team im engsten Kreise ausgekungelt wurde. „Der Frust sitzt tief und entlädt sich ziemlich unkoordiniert“, hört man im Berliner SPD-Landesverband, der sich natürlich uneingeschränkt hinter seinen Kandidaten Wowereit stellt.

Wobei ein Vertrauter des Regierenden Bürgermeisters so ehrlich ist, auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale hinzuweisen: „Wowereit polarisiert nun mal und macht aus seinem Herzen keine Mördergrube“. Einige Parteifreunde im Bundesvorstand haben es ihm wohl auch übel genommen, dass er im Tagesspiegel-Interview am Sonntag politisch vorgeprescht ist. Etwa mit der Kritik an der Rente mit 67. Trotzdem zweifelt niemand daran, dass Wowereit im November zum neuen SPD-Parteivize gewählt wird.

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