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Die Ausnahme: Solche Schilder zwingen, den Radweg zu benutzen. Sie dürfen nur noch an ganz besonderen Gefahrenstellen hängen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Verkehrslenkung: Behörden sind mit Radschild-Demontage überfordert

Als Radfahrer die Straße zu benutzen, ist oft sicherer, als auf Radwegen unterwegs zu sein. Deswegen sollen viele der blauen Schilder demontiert werden. Das überfordert die zuständige Behörde - und Besserung ist nicht in Sicht.

Man kann ihn für einen Rechthaber halten – oder für einen, der etwas für die Verkehrssicherheit tut. Fakt ist: Der Anwalt Andreas Volkmann bringt die Verkehrslenkung Berlin (VLB) beim Senat an den Rand des Zusammenbruchs, indem er von ihr einfach nur die Umsetzung des geltenden Rechts einfordert. Seit Jahren forciert er die Demontage der blauen Schilder, die zur Benutzung von Radwegen zwingen – und nach höchstrichterlichen Urteilen nur noch an ganz besonderen Gefahrenstellen hängen dürfen, zumal Radfahrer auf der Fahrbahn oft sogar sicherer unterwegs sind. Theoretisch bekommt Volkmann in aller Regel Recht. Aber praktisch setzt die VLB oft ihre eigenen Bescheide nicht um und lässt die Schilder einfach hängen.

Wenn länger als ein Jahr nichts passiert, verklagt Volkmann die Behörde beim Verwaltungsgericht. Doch jetzt wurde es selbst dem zu bunt: Eine bis Mitte März fällig gewesene Stellungnahme der VLB liege „trotz zweimaliger Erinnerung und obwohl seit Klageeingang ca. 5 Monate vergangen sind, noch nicht vor“. Das Gericht fordert die Reaktion „nunmehr erneut und dringlich“ und will außerdem wissen, warum die Schilder immer noch hängen, obwohl ihre Entfernung schon im April 2011 angeordnet worden sei.

„Es ist die Krönung, dass das Gericht schon sauer ist auf die Behörde“, sagt Volkmann. „Die VLB lässt sich völlig sinnlos auf Kosten der Öffentlichkeit verklagen.“ Seine acht laufenden Klagen beträfen jeweils drei bis 18 Schilder. Der Streitwert werde vom Gericht meist auf 5000 und manchmal auf 10 000 Euro festgesetzt. Das bedeute 363 oder 588 Euro Gerichtskostenvorschuss plus Anwaltskosten in ähnlicher Höhe.

Wie viele derartige Prozesse auf Steuerzahlerkosten die Verkehrslenkung bereits provoziert hat, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Allerdings hat die Behörde inzwischen reagiert und dem Gericht dargelegt, warum die Sache so lange dauert und beantragt, die Klage abzuweisen. Die für die VLB zuständige Stadtentwicklungsverwaltung teilte mit, dass es mit der Demontage der blauen Schilder meist nicht getan sei, weil Ampeln aufwendig umprogrammiert werden müssten – und das dauere. Wegen ihrer dünnen Personaldecke arbeite die LVB „nach einer Prioritätenliste“. Abgeschraubt werden die Schilder dann von den Bezirken.

Auch dort wächst der Verdruss über die Zustände. Denn mangels Kapazität beantwortet die VLB keine Anfragen aus den Bezirken mehr, so dass auch die Volksvertreter in den Bezirksverordnetenversammlungen sich kaum noch informieren können. Nach Auskunft des Pankower Baustadtrates Jens-Holger Kirchner (Grüne) hat Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) die Bezirke wissen lassen, sie mögen derartige Anfragen nach eigenem Kenntnisstand beantworten. Kirchner versteht diese Politik, ohne sie gutzuheißen. Außerdem fügt er hinzu: „Die Aufgabe der Verkehrsverwaltung sowohl beim Senat als auch bei den Bezirken ist es, für alle Verkehrsteilnehmer gute Bedingungen zu schaffen.“

Wie berichtet hat auch die BVG bereits vor den Zuständen bei der Verkehrslenkung kapituliert: Sie verfolgt ihre Pläne zur Beschleunigung von Bus und Tram an Kreuzungen momentan nicht weiter, weil sie ohnehin nicht umgesetzt werden. Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: In den nächsten Jahren muss die Stadtentwicklungsverwaltung weitere 250 Stellen abbauen.

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