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Mercedesstern

© dpa

100 Jahre Mercedes: Ein Stern strahlt Unter den Linden

Der Berliner Mercedes-Chef Walter Müller will zum 100. Jubiläum eine Niederlassung in Mitte eröffnen. Die Stadt ist für den Konzern mehr als nur ein Standort unter vielen.

Wenn am Charlottenburger Salzufer die Sonne aufgeht, möchte man glauben, dass es keine Autokrise gibt. Strahlend steht der gläserne Palast der Mercedes-Benz-Niederlassung in diesen Tagen da. Mitten in der schlimmsten Absatzkrise der Branche gibt es bei Mercedes etwas zu feiern: Seit 100 Jahren verkauft der deutsche Autobauer an der Spree seine Fahrzeuge. An diesem Donnerstag beginnen die Feierlichkeiten, zu denen auch der Konzernvorstand aus Stuttgart anreist.

"Mit Ausnahme von Stuttgart ist Mercedes nirgendwo so eng mit der Region verwoben wie in Berlin", sagt Walter Müller, seit 1996 Direktor der Berliner Niederlassung, die 1400 Mitarbeiter zählt. "Die Geschichte von Mercedes in Berlin ist ein Stück Mobilitätsgeschichte von Berlin. Wir sind mit der Stadt untergegangen und mit ihr wieder auferstanden."

Feierliche Töne in einer für die Autohersteller düsteren Zeit - auch in Berlin. Um 8,3 Prozent ist der Automarkt in der Hauptstadt im vorigen Jahr geschrumpft, deutlich stärker als der gesamtdeutsche (minus 1,9 Prozent). "Die letzten drei Monate des Jahres waren sehr ernüchternd", gibt auch Müller zu. Immerhin, das für Mercedes wichtige Nutzfahrzeuggeschäft sei 2008 besser gelaufen als im Jahr zuvor. Der Transportermarkt wuchs um 13 Prozent, der Lkw-Markt um 15,6 Prozent. Auch das Geschäftskunden- und Flottengeschäft hat sich Müller zufolge weiter positiv entwickelt.

Müller ist Berufsoptimist

"Aber das konnte den Rückgang im Privatkundengeschäft nicht kompensieren, schon gar nicht nach der Eskalation der Finanzkrise im vierten Quartal", sagt er. "Und kein Mensch kann sagen, wie es weitergeht." Wie andere Hersteller und Händler auch fahre Mercedes "auf ganz kurze Sicht". Das Risiko für den Autohandel insgesamt und für die Mercedes-Niederlassung, die im Schnitt 1800 Fahrzeuge im Bestand hat, dürfe man dabei nicht unterschätzen. Für das Jubiläum hätte sich Müller, der seit Frühjahr 2008 auch ADAC-Vorstand in Berlin und Brandenburg ist, sicher erfreulichere Rahmenbedingungen gewünscht.

Doch der Autohändler ist Berufsoptimist - und er hat für 2009 große Pläne. Gleich zwei neue Standorte will der Daimler-Konzern noch in diesem Jahr in Berlin eröffnen: einen Showroom Unter den Linden und das modernste Truck-Zentrum Europas in unmittelbarer Nachbarschaft des künftigen Großflughafens BBI. "Das zeigt, dass wir Investitionen nicht nur ankündigen, sondern auch in schwierigen Zeiten realisieren", sagt Müller.

Rückenwind geben ihm die stabilen Gewinne der Niederlassung. "Wir schreiben in Berlin tiefschwarze Zahlen." 2007 habe man den Rekord des Vorjahres gehalten. "2008 reden wir nicht von einem Rekordjahr, aber von einem guten Wirtschaftsjahr." In der Mercedes-Handelsorganisation liege Berlin im Spitzenfeld der Betriebe. Ein schöner Nebeneffekt: 2008 hat Mercedes bei den Neuzulassungen in Berlin zum ersten Mal einen höheren Marktanteil als VW - Audi nicht eingerechnet. "Und dies ohne die in der Branche so beliebten Tageszulassungen als Vorführwagen", sagt Müller.

Luxus und Ökologie sollen kein Widerspruch mehr sein

Das neue Schaufenster am Prachtboulevard Unter den Linden, wo sich schon die Konkurrenz tummelt (Volkswagen, Peugeot, Ferrari und andere), soll das Selbstbewusstsein der Marke mit dem Stern dokumentieren. "In der Mercedes-Benz-Gallery werden wir auf 1500 Quadratmetern das Erbe, die Gegenwart und die Zukunft der Marke Mercedes-Benz attraktiv, unterhaltsam und informativ verbinden", kündigt Müller an. Die Hausnummer 14, die zum Geschäftsgebäude "Upper Eastside" gehört, soll ein Magnet für Touristen und Berliner werden - mit Spitzengastronomie und Eventprogramm.

Anders im Süden der Stadt, wo Daimler, der weltgrößte Lkw-Konzern, für die Industrie klotzt. Nach Angaben des Bezirks Neukölln investiert das Unternehmen an der Grenze zu Treptow-Köpenick 30 Millionen Euro in ein Truck-Center für Service, Reparatur und Verkauf auf einer Fläche von 60.000 Quadratmetern. Unmittelbar daneben planen nach Angaben von Müller Lkw-Dienstleister auf 30.000 weiteren Quadratmetern den Aufbau von Betrieben. Zwei Auffahrten zur A113 sind in unmittelbarer Nähe. "Das wird ein Anlaufpunkt für die Nutzfahrzeugkunden aus der Region und aus Osteuropa", sagt Müller. "Im dritten Quartal dieses Jahres gehen wir an den Start." Der neue Großflughafen werde die Wirtschaft der Stadt weiter beleben. "Das ist schon jetzt zu spüren."

Ein wenig Pathos klingt schon mit

Mercedes hat noch eine Menge vor in Berlin. Der Stadt, die weniger Geschäftskunden hat als München oder Hamburg und in der die Konkurrenz nicht schläft. BMW will in einen neuen Standort investieren, Händler wie Weller oder Kroymans haben große Autohäuser eröffnet.

Premiumautos, glaubt Müller, lassen sich auch in Zukunft verkaufen - trotz Klimavorgaben und steigenden Spritpreisen. "Es gibt gesellschaftliche Entwicklungen, denen wir uns stellen müssen. Es wäre töricht zu glauben, dass sich Luxus von selbst verkauft", sagt der Niederlassungsleiter. Auch luxuriöse Produkte müssten zeitgemäß sein und dürften nicht im Gegensatz zu ökologischen oder ökonomischen Rahmenbedingungen stehen. Mercedes fühlt sich gut vorbereitet. Für die neue Hybrid-S-Klasse hat Müller zum Beispiel viele Vorbestellungen in Berlin.

Die Stadt ist für den Daimler-Konzern - mit allen seinen Dependancen am Salzufer, Potsdamer Platz, Marienfelde und künftig am Großflughafen - mehr als nur ein Standort unter vielen, an denen man sein Geschäft betreibt. "Berlin war immer Ort für innovativ Neues, für mutige Investitionen in die Zukunft und für nicht nur finanzielles, sondern auch emotionales Engagement der Marke", sagt Walter Müller. Und da klingt schon ein wenig das Pathos mit, das in den kommenden Tagen im Glaspalast am Salzufer öfter zu hören sein wird.

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