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© dpa

Arcandor-Insolvenz: KaDeWe und Karstadt: Lähmende Ungewissheit

Die Mitarbeiter von KaDeWe und Karstadt bangen um ihre Jobs. Auch die Kunden sind bedrückt.

Es ist fünf vor eins. Da bricht der stellvertretende KaDeWe-Betriebsratsvorsitzende Detlef Lange die Mahnwache vor dem Kaufhaus am Wittenbergplatz ab. Zu diesem Zeitpunkt ist klar, eine Insolvenz des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor wird nicht mehr zu vermeiden sein. Und Lange möchte nicht, dass die Mitarbeiter, die mit Transparenten auf der Straße stehen, die Nachricht von Passanten oder Fernsehteams bekommen.

Im Kaufhaus informiert unterdessen die Geschäftsführung die Abteilungsleiter. Lähmung, versteinerte Gesichter, Bedrückung machen sich breit. Anschließend erfahren es die Mitarbeiter. „Manche brachen in Tränen aus“, sagt Lange. Die Ungewissheit quält. Was wird aus dem Job? Wird das Gehalt weiter überwiesen? Diese Fragen gehen den Mitarbeitern durch den Kopf. Nicht nur denen am Wittenbergplatz, auch denen in den anderen Karstadt-Häusern und bei Quelle. Die Berliner Warenhäuser haben laut Verdi 3600 Mitarbeiter. „Sie fühlen sich von den Verantwortlichen und der Bundesregierung im Stich gelassen“, sagt Verdi-Handelsexpertin Erika Ritter. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) will an diesem Tag dennoch Hoffnung verbreiten. Er sieht gute Chancen für ein Weiterbestehen der Karstadt-Häuser, da sie in Berlin nicht in direkter Konkurrenz zu Kaufhof-Warenhäusern stehen.

Die Geschäftsführungen schicken am Nachmittag ein Informationsblatt für die Mitarbeiter zur Entscheidung herum. In einem der ersten Punkte will man ihnen wenigstens die finanziellen Ängste nehmen: Für die ersten Monate wird das Gehalt als „Insolvenzübergangsgeld“ gezahlt. Aber was kommt danach? Das fragen sich viele, sagt Lange. In den Kaufhaus-Abteilungen sieht man immer wieder Grüppchen von Mitarbeitern, die sich leise, aber aufgeregt unterhalten. Es gibt nur das eine Thema, sagt eine Mitarbeiterin in der KaDeWe-Damenbekleidung. „Heute passt alles zusammen: Regen, Insolvenz, der ganze Tag“, bemerkt eine Karstadt-Kollegin am Hermannplatz.

Ansonsten scheint Betrieb wie immer zu herrschen. Aus Neukölln ist Petra Lehmann zum KaDeWe gekommen, um ein Festkleid für eine Hochzeit zu kaufen. Das Kaufhaus ist für sie erste Adresse. Jetzt fürchtet sie, dass dieses vielleicht geschlossen werden könnte. Richtig erzürnt ist Dieter Kiehn, Tourist aus Münster: „Da soll mal Frau Schickedanz an ihr Privatvermögen gehen.“ Sie habe genügend Geld. Es sei richtig, dass in diesem Fall der Staat nicht eingesprungen ist. Eine Meinung, die Susanne Vollmann, Kundin im Karstadt am Hermannplatz teilt: „Wer Unternehmer ist, muss auch selbst ins Risiko gehen.“ Die Mitarbeiter tun ihr trotzdem leid. Angst, in Zukunft bei Karstadt gekaufte Waren nicht mehr umtauschen zu können, haben die wenigsten Kunden. „Irgendwie muss es ja weitergehen“, sagt Gisela Kulus. Sie sucht gerade am Hermannplatz nach einer neuen Waschmaschine. „Da haben Sie recht“, pflichtet eine weitere Kundin bei: „Die ganzen Arbeitslosen kann sich doch keiner leisten.“

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