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Straßenbaustelle am Molkenmarkt in Berlin-Mitte.

© imago images/CHROMORANGE

Berlins historische Mitte: So sieht der Plan des Senats für den Molkenmarkt aus

Nach langem Streit einigt sich der Senat auf einen Plan für den Molkenmarkt: 450 Wohnungen, viel Kultur und Gewerbe. Das Quartier soll dem historischen Ort gerecht werden.

Der Berliner Senat hat sich nach langem Ringen auf einen Rahmenplan für die Bebauung des Molkenmarktes in Mitte geeinigt. In der Senatssitzung am Dienstag wurde eine entsprechende Vorlage von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) beschlossen. In der historischen Mitte Berlins direkt hinter dem Roten Rathaus soll demnach ein Stadtquartier mit 450 Wohnungen entstehen, das dazu reichlich Platz für Gewerbe, soziale Infrastruktur und Kultur bietet. Das Quartier soll „historische Bezüge“ aufweisen, wie Gaebler klarstellte. Die Bauarbeiten sollen ab 2026 beginnen.

Gaebler sagte auf der Pressekonferenz nach der Senatssitzung: „Die Wiedergeburt des Molkenmarkts ist eine der wichtigsten städtebaulichen Aufgaben in der Berliner Mitte.“ Der Beschluss des Rahmenplans sei ein wichtiger Meilenstein für das historische Quartier. Vorausgegangen war dem ein konfliktreicher Planungsprozess.

Das neue Wohnquartier am Molkenmarkt soll weitgehend autofrei sein.
Das neue Wohnquartier am Molkenmarkt soll weitgehend autofrei sein.

© Grafik: Tagesspiegel/Schuber;/Quelle: Stadtentwicklung Berlin, rbb, Stand: 22.8.233; Kartenbasis: GoogleEarthPro, Juli 2022

Über wenige Orte in Berlin war zuletzt so gestritten worden, wie über diese kleine Stadtfläche hinter dem Roten Rathaus. Das mag mit der exponierten Lage zusammenhängen, mit einflussreichen Interessengruppen und womöglich auch mit der historischen Bedeutung des Ortes. Der Molkenmarkt in Mitte gilt als Wiege Berlins, von hier aus wuchs der kleine Handelsposten zur Weltmetropole. Die Fläche liegt seit Jahren brach, wurde seit DDR-Zeiten von Straßen zerfurcht.

Das Quartier zwischen Nikolaiviertel, Rathauspassagen, Littenstraße und altem Stadthaus soll künftig laut Senatsbeschluss weitgehend autofrei werden. Durchgangsverkehr ist nicht geplant. Auf 44.000 Quadratmetern sollen Wohnungen entstehen, 48.000 sind für Gewerbe, soziale Infrastruktur und Kultur eingeplant. Die Hälfte der 450 geplanten Wohnungen soll „mietpreisgedämpft“ angeboten werden.

Quartier wird in fünf Blöcke geteilt – vielleicht entsteht eine Schule

Die genaue Planung sieht wie folgt aus: Das Quartier wird in fünf Blöcke aufgeteilt. Block A vor dem Alten Stadthaus und der Alten Münze soll vor allem kulturell genutzt werden. In einem lärmgeschützten Hof soll ein öffentlich zugänglicher, kleiner Stadtpark entstehen. Hier ist eine kleinteilige Bebauung geplant, mit fünf- und auch sechsgeschossigen Häusern. Nördlich davon, angrenzend an das Nikolaiviertel, soll Block B als Wohnblock gestaltet werden und Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner des Quartiers bieten. Die Bebauung soll die historischen Dachformen des Nikolaiviertels aufgreifen. 

Block C, das Areal direkt hinter den Rathauspassagen zwischen Jüdenstraße und Klosterstraße, ist schon zu einem Teil bebaut. Die Bebauung soll ausgeweitet werden. Vom Großen Jüdenhof über die Freifläche der ehemaligen Französischen Kirche bis hin zur Ruine der Klosterkirche soll ein öffentlicher Weg führen. Die Bebauung am Jüdenhof soll sich an der Kleinteiligkeit der Vorkriegsbebauung orientieren.

Gaebler will kein „supermodernes Quartier“

Für Block D gibt es noch keine abschließenden Pläne. Der Bereich soll vorerst als öffentliche Grünfläche genutzt werden, womöglich können dort auch Veranstaltungen stattfinden. Langfristig wird erwogen, dort eine Schule zu bauen. In Block E befinden heute schon die Klosterruine und der Veranstaltungsort Palais Podewil. Dieser Bereich soll als Kulturort weiterentwickelt werden.

Der größte Streitpunkt, der städtebauliche Charakter des Quartiers, wurde mit der Formulierung „soll historische Bezüge aufweisen“ erst einmal vertagt. Die genaue Ausgestaltung sei nun Aufgabe von Architekten, sagte Senator Gaebler. Er ergänzte aber: „Wir werden sicher kein Stadtquartier aus dem 13. Jahrhundert rekonstruieren, aber das wird auch kein supermodernes Quartier à la Frankfurter Bankenviertel.“ Man sei an einem historischen Ort, dem müsse man Rechnung tragen. „Das erwarte ich“, sagte Gaebler.

Besonders Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt wurde zuvor vorgeworfen, dass sie eine historisierende Rekonstruktion des Quartiers favorisiere und den Planungsprozess in diesem Sinne beeinflusse. Grüne und Linke, aber auch der Bund Deutscher Architekten (BDA) hatten ein nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten gestaltetes Quartier eingefordert. Der Streit führte zu einem ergebnislosen Werkstattprozess – man konnte sich auf keinen Entwurf einigen.

Wohl auch deshalb wird im Rahmenplan des Senats mehrfach ausdrücklich auf Klimaschutzaspekte hingewiesen. Mindestens 60 Prozent der Dachflächen von Gebäuden sowie Fassaden „an ausgewählten Stellen“ sollen begrünt werden. Mindestens 30 Prozent der Dachfläche eines Hauses sollen laut der Senatsvorlage für Solaranlagen genutzt werden. Auch die Nutzung von Regenwasser soll Teil des Konzeptes sein.

Abgeschlossen ist der Planungsprozess damit nicht: Der am Dienstag beschlossene Rahmenplan ist einer von zwei Teilen, aus denen die „Charta Molkenmarkt“ besteht. Der zweite Teil wird ein „Gestaltungshandbuch“, das bis Ende 2024 erarbeitet wird. Gaebler versprach aber: „Jetzt werden wir zügig die nächsten Schritte angehen, um die Realisierungswettbewerbe für den Hochbau und die Freiräume zu beginnen.“ Dann würden die Planungen „ein richtiges Gesicht“ bekommen.

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