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© dpa

ILA: Schubkraft für die Region

Die Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin ist für die aufstrebende Branche ein wichtiges Schaufenster

Wenn Stewardessen in einem Airbus-Jet eine Durchsage machen, greifen sie zum „Handapparat N-40“ aus Kreuzberg. Auch die Mikrofone und Headsets der Flugkapitäne stammen von den 100 Akustikspezialisten der Firma Holmberg in der Ohlauer Straße, die seit mehr als 50 Jahren Luftfahrt- und Bahnunternehmen ausrüstet und 2009 trotz der Wirtschaftskrise ihr bestes Ergebnis erzielte. Bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Schönefeld ist der mittelständische Hersteller immer vertreten und lädt Fachbesucher auch gerne zur Werksbesichtigung ein. Deshalb ist es für Prokurist Peter Köppel wichtig, dass die ILA nach der Eröffnung des Großflughafens BBI in der Region bleibt. Andernorts würde die Messepräsenz viel teurer, sagt er. Und auf internationale Kunden mache es mehr Eindruck, wenn sie nahe der Bundeshauptstadt empfangen werden.

So sieht es auch Michael Haidinger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Rolls-Royce Deutschland: „Eine Messe wie diese kann von der Nähe zur Bundeshauptstadt nur profitieren. Große internationale Luftfahrtschauen in anderen Ländern nutzen ebenfalls einen solchen Vorteil.“ Rolls-Royce entwickelt, fertigt und wartet Triebwerke im brandenburgischen Dahlewitz. „Schönefeld ist als ILA-Standort ideal, weil er sozusagen vor unserer Haustür liegt“, sagt Haidinger. Es müsse „alles daran gesetzt werden“, die Messe im „aufstrebenden Luft- und Raumfahrtstandort Berlin-Brandenburg“ zu halten.

Dem widerspricht zwar niemand, aber der künftige Standort ist trotzdem noch immer nicht gesichert. 2008 wurden bei der ILA rund 250 000 Besucher gezählt. Vom 8. bis 13. Juni läuft die im Zwei-Jahres-Turnus stattfindende Messe letztmalig an alter Stelle. Nach der Inbetriebnahme des BBI in Schönefeld, die für Ende Oktober 2011 geplant ist, wird der Platz nicht mehr reichen. Im Gespräch ist ein Ersatzgelände in der Nachbargemeinde Selchow. Dies sei der „Wunschstandort“, hatte Thomas Enders, Airbus-Chef und Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), bereits vor Monaten betont. Der Verband veranstaltet die Schau zusammen mit der Messe Berlin.

Eigentlich war der Durchbruch in der vorigen Woche bei einem Spitzentreffen der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg erwartet worden. Das Gespräch zwischen dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) sowie Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (beide Linke) endete jedoch ohne einen Beschluss. Die Wirtschaftsverwaltungen seien noch dabei, ein Konzept zu erarbeiten, hieß es aus dem Berliner Senat.

Unterdessen zeigen sich auch andere Städte interessiert an der Luftfahrtschau: Hannover, das diese bereits jahrzehntelang beherbergt hatte, sowie die Regionen Köln/Bonn und Leipzig/Halle. Für Messesprecher Michael Hofer ist jedoch klar, dass die ILA zu Berlin gehört: „Sie ist das Schaufenster Deutschlands im Sektor Luft- und Raumfahrt.“ Der Standort Hannover sei in Zeiten der Berliner Mauer „in Ordnung“ gewesen – heute aber „würde sich alle Welt wundern“, wenn eine so wichtige Schau nicht in der Hauptstadtregion liefe. Die ILA stehe auf einer Stufe mit anderen Berliner „Großmessen“ wie der Internationalen Grünen Woche oder der Funkausstellung.

Dem Vernehmen nach verzögern Finanzierungsfragen die Festlegung auf den Standort Selchow. Die Länder möchten private Investoren ins Boot holen. Vertreter der Linksfraktionen in Berlin und Brandenburg sprachen sich gegen öffentliche Mittel für die ILA – und insbesondere deren militärischen Teil – aus.

Die Senatswirtschaftsverwaltung rechnet den volkswirtschaftlichen Nutzen der Messe für die Region vor. Sprecher Stephan Schulz verweist auf Studien, wonach eine Million Umsatz bei einer Hightech-Messe zu einem „Kaufkraftzufluss von zehn Millionen Euro in der jeweiligen Region“ führe. Für die ILA 2010 werde ein Umsatz von rund 19 Millionen Euro erwartet – also dürften die Aussteller und Besucher aus aller Welt hier rund 190 Millionen Euro ausgeben. Außerdem sichere oder schaffe die Messe schätzungsweise bis zu 2100 Jobs.

Die Schau sei überdies das „Schlüsselevent, um Entscheidungsträger und potenzielle Investoren in die Region zu holen“, sagt Schulz. Berlin und Brandenburg sollen – auch nach dem Willen der Bundesregierung – zur dritten Säule der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie nach München und der Region Hamburg/Bremen werden. Historisch gesehen würde das passen, schließlich gilt Berlin seit Otto Lilienthals Flugversuchen und der Eröffnung des ersten Motorflugplatzes in Johannisthal als „Wiege der deutschen Luftfahrt“. Im Technologiepark Adlershof gibt es heute wissenschaftliche Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), während die Gesellschaft für Entwicklung und Versuch Adlershof (Geva) dort Triebwerke des neuen Riesen-Airbus A380 prüft.

Rolls-Royce in Dahlewitz und MTU in Ludwigsfelde sollen mit weiteren Partnern die Triebwerke für den Airbus-Militärtransporter A400M fertigen und erweitern ihre Werke. Solche Verträge würden zwar in der Regel nicht auf der ILA geschlossen, „aber man muss dort Flagge zeigen“, sagt MTU-Sprecher Odilo Mühling. Schwierig sei es nur, Fachbesucher ins Werk einzuladen. Für Abstecher nach Ludwigsfelde „haben die gar keine Zeit“.

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