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Betrug: 69-Jähriger ergaunerte als netter Nachbar 36.000 Euro

Drei Jahre Haft für einen Mann, der die Gutgläubigkeit älterer Mieter trickreich ausnutzte. Die Polizei versucht vor allem mit Aufklärung gegen Betrüger vorzugehen.

Wenn seine Taschen leer waren, ging Fritz W. auf „Wohnungssuche“, trieb sich in Schöneberg, Wedding, Wilmersdorf oder Pankow herum – bis der 69-Jährige ein passendes Opfer gefunden hatte. In Dutzenden Berliner Mietshäusern hat sich Fritz W. als „der neue Nachbar“ ausgegeben, der sich in einer dummen Geldsituation befinde. Vor allem ältere Leute liehen dem seriös wirkenden Herrn mit grauem Haarkranz gerne Geld – ohne es je wiederzusehen. „Die Erfolgsquote lag bei fast hundert Prozent“, sagte Fritz W. gestern im Moabiter Kriminalgericht. „Leichter kann man nicht an Geld kommen.“ Mindestens 36 000 Euro hat Fritz W. auf diese Art erbeutet.

Bei der Polizei haben die gängigsten Tricks der Betrüger einen Namen: der falsche Enkel, der falsche Beamte – oder eben der falsche Nachbar. Bei der Polizei gehen tagtäglich Strafanzeigen wegen Trickbetrugs oder -diebstahls ein. Dass es den Tätern oftmals so leicht gemacht wird, liege aber nicht immer unbedingt an der Naivität der Opfer, sagt ein Polizeisprecher. „Die Betrüger sind oftmals schauspielerisch sehr begabt.“ Und später staunten die Opfer über sich selbst, wie sie so leichtgläubig sein konnten.

Fritz W. jedenfalls überzeugte im Gerichtssaal durch ein erstklassiges Auftreten. 28 Jahre lang war er nach eigenen Angaben Chauffeur einer Großbank. „Ich fuhr Vorstände, Könige und Präsidenten!“ Als betrügerischer Rentner ging Fritz W. dann immer nach derselben Masche vor. Er tauchte plötzlich an der Haustür auf, half beim Tragen schwerer Tüten und kam ins Plaudern. „Meine Frau und ich wohnen ganz oben, wir sind die neuen Mieter, aber ich warte schon seit einer Stunde auf meine Frau. Die Waschmaschine kommt doch, mein Geld reicht nicht. Ob Sie mal bis zum Nachmittag aushelfen könnten?“

Er sei mit der Zeit abgebrüht geworden, gestand der Angeklagte. Sogar EC-Karten schwatzte er einigen Opfern ab. „Wenn Sie nicht genug Bargeld im Haus haben, ziehe ich schnell etwas.“ In einigen Fällen lenkte er seine Opfer auch ab und stahl Beträge bis zu 5500 Euro.

Wie oft Trickbetrüger im vergangenen Jahr Berliner um ihre Ersparnisse gebracht haben, wird bei der Polizei nicht gesondert erfasst. 2007 gab es in Berlin 87 239 Betrugsfälle – inklusive Internet-, Sozialleistungs- und Warenbetrug. Daneben zählte die Polizei 703 Trickdiebstähle, für die es beim Landeskriminalamt ein eigenes Kommissariat gibt. Auch bei diesen Taten sind meistens ältere Menschen Opfer.

Beim Trickbetrug setzen die Ermittler vor allem auf Aufklärung älterer Menschen, um einen Anstieg der Taten zu verhindern. Deshalb hat die Polizei unter anderem ein „Präventionstheater“ gegründet. Polizisten spielen dort vor Seniorengruppen die gängigsten Tricks. Es wird dargestellt, wie die Täter das Vertrauen und die Hilfsbereitschaft der Opfer schamlos ausnutzen.

Egal, ob er nur einen kleinen Schein oder die EC-Karte bekam: Seine Beute hat Fritz W., Vater von vier Kindern, verjubelt. Vor Gericht weinte der Angeklagte und versprach mit großer Geste: „Ich zahle alles auf Heller und Pfennig zurück.“ Vermutlich hatte der vorbestrafte Betrüger auf eine Bewährungsstrafe gehofft. Die Richter aber sahen es wie der Staatsanwalt und verurteilten Fritz W. in insgesamt über 70 Fällen zu drei Jahren Gefängnis.

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