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Junges Gemüse ist ein großer Wunsch vieler Stadtmenschen.

© IMAGO/Zoonar

Ackern fürs eigene Gemüse: Berliner üben sich in solidarischer Landwirtschaft

Einst gingen sie an dem Feld nur spazieren, nun arbeiten sie selbst dort: Anwohner aus Frohnau haben einen Agrarbetrieb gegründet – und einen ganz besonderen dazu.

Junges Gemüse frisch vom Feld – das gibt es beim Verein Frohlawi. Saison haben gerade Mangold, Frühlingszwiebeln, Fenchel, Salat und Frühkartoffeln. Produziert wird nach einem alternativen Konzept, bei dem Erzeuger und Verbraucher solidarisch zusammenarbeiten. Daher auch der Name des Vereins, der sich an „Solawi“, also solidarische Landwirtschaft, anlehnt.

100 Euro im Monat für Anteile an der Ernte

Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen jeden Monat einen festen Betrag – rund 100 Euro –, dafür erhalten sie Anteile an der Ernte, wie Natalie Kreisz erläutert. Sie gehört zum siebenköpfigen Vorstand von „Frohlawi e.V. – Solidarische Landwirtschaft für Frohnau und Umgebung“.

Fröhliche Runde. Von der Evangelischen Schule Frohnau gab es eine Spende für ein Kräuterbeet.
Fröhliche Runde. Von der Evangelischen Schule Frohnau gab es eine Spende für ein Kräuterbeet.

© Lydia Neilson

„Wir sind Leute mit ganz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen. Einer ist auf einem Hof groß geworden, einer im Garten- und Landschaftsbau tätig, doch niemand von uns hat landwirtschaftliche Expertise“, sagt Kreisz. Nun führen sie alle gemeinsam einen Gemüseanbaubetrieb auf dem Stolper Feld.

Niemand von uns hat landwirtschaftliche Expertise.

Natalie Kreisz vom Verein „Solidarische Landwirtschaft für Frohnau und Umgebung“

„Als wir 2020 anfingen, war das Ziel: Wir wollen regional produziertes Gemüse haben und etwas für die Umwelt tun”, erinnert sich Kreisz.

Begonnen habe alles mit Beiträgen auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de, wo sich einige darüber ausließen, dass man kaum beim Stolper Feld spazieren gehen könne, da Mais und Raps dort immer gespritzt würden. So kam die Frage auf: Was könnte man anders machen?

Dann wurde Martin Kaupenjohann, Professor für Bodenkunde an der TU, aufs Stolper Feld aufmerksam. Er ließ mit seinen Studierenden Möglichkeiten durchrechnen, wie das Feld nachhaltiger genutzt werden könnte.

400
Haushalte sollen eines Tages versorgt werden

Aus den theoretischen Überlegungen ging es dann gemeinsam mit den Frohnauerinnen und Frohnauern an die Frage, wie man die Ideen praktisch umsetzen könnte.

Etwa ein Jahr dauerten die Verhandlungen, bis Frohlawi den Acker übernehmen durfte, der den städtischen, Berliner Stadtgütern gehört. Die Neulinge stießen anfangs auf Skepsis, aber dann gab es Unterstützung für das ökologische Landwirtschaftsprojekt.

Die industrielle Anbauweise auf dem Stolper Feld habe wenig Menschen und viel Technik gebraucht. Ökologisch sei das nicht gewesen, sagt Natalie Kreisz und verweist auf Glyphosat, Düngung, Pestizide, Insektizide. Dazu habe der Maisanbau den Boden ausgelaugt.

Einsatz gegen die Kartoffelkäferplage

Doch Ökologie sei nicht einfach: Als es beispielsweise eine Kartoffelkäferplage gab, mussten alle die Insekten von den Pflanzen absammeln. Da verstehe man, warum andere zum Gift greifen, so Kreisz.

Im Gegensatz zu anderen Solawis will der Frohnauer Verein die Hälfte der Fläche der Natur zu überlassen. Das soll die Biodiversität erhöhen. Doch für einen Agrarbetrieb gibt es Vorgaben: „Auf Dauer darf man Fläche nicht brachliegen lassen, denn irgendwann verliert sie den Status als Ackerland”, erklärt Kreisz.

Fast alle Anteile sind vergeben

Mittlerweile läuft es gut auf dem Stolper Feld. Von 125 Ernteanteilen für dieses Jahr sind nur noch fünf zu vergeben. „Wir wollen tendenziell wachsen und hoffen, dass wir die Felder auch in Zukunft pachten können“, sagt Kreisz.

Ziel sei es, 400 Haushalte versorgen können. Schon jetzt gibt es manchmal Ernteüberschuss. So gingen gerade 500 Salate als Spende an die Oranienburger Tafel.

Darüber hinaus hat Frohlawi auch ein Netzwerk aus Partnern, mit dem der Verein zusammenarbeitet. Dazu gehört neben der Interessengemeinschaft Vielfalt für das Stolper Feld auch die Evangelische Schule Frohnau.

René Aßmann (l.) von der Oranienburger Tafel erhält aus den Händen von Stefan Grubelnig, einer der Frohlawi-Gärtner, symbolisch einen Teil der grünen Spende.
René Aßmann (l.) von der Oranienburger Tafel erhält aus den Händen von Stefan Grubelnig, einer der Frohlawi-Gärtner, symbolisch einen Teil der grünen Spende.

© Lisa Langs

Und die hat dem Landwirtschaftsprojekt nun eine Kräuterspirale gestiftet. Jetzt trafen sich dazu alle Beteiligten. Die Elternvertreter:innen der Schule, Constanze Lehmann und Benjamin v. Engelhardt überreichten im Beisein von Schulleiterin Christine Behnken einen 1700-Euro-Scheck an Frohlawi. Ort der Spendenübergabe: natürlich das Stolper Feld.

Dieser Text stammt aus dem Newsletter des Tagesspiegels für den Bezirk Reinickendorf. Lesen Sie mehr aus diesem und anderen Berliner Bezirken – eben in den Tagesspiegel-Bezirksnewslettern, die schon auf knapp 280.000 Abonnenten haben. Darin bündeln wir Kiez-Nachrichten, berichten aus dem Rathaus, nennen Tipps und Termine. Die Bezirksnewsletter gibt es für jeden Bezirk, einmal pro Woche, unter tagesspiegel.de/bezirke. Und hier einige der Themen, die Sie im aktuellen Newsletter für Reinickendorf finden:

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