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Michael H. Rohde zeigt die Welt von unten

© Johanna Treblin

Ausstellung in Berliner Schloss: Ungewohnte Blicke auf gewöhnliche Dinge

Die Ausstellung „Blicke und Richtungen“ im Schloss Biesdorf eröffnet neue Perspektiven. Der Besucher kann etwa wie durch einen Glasboden in Wohnungen schauen. Ein Besuch.

Von Johanna Treblin

Fragmente eines Backsteinturms, die beiden Turmhälften schräg untereinander angeordnet. Fotos vom Meer, leuchtend blaue Wellen. Collagen aus Zeitungen. Auf den ersten Blick haben die Kunstwerke, die aktuell im Schloss Biesdorf im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf ausgestellt sind, nichts miteinander gemein. Doch vergegenwärtigt man sich den Titel der Ausstellung, dann macht es Klick: „Point(s) of view – Blick und Richtung“ ist die Ausstellung benannt.

Und so ergibt alles zusammen dann auch einen Sinn: Es sind ungewöhnliche Blickwinkel auf gewöhnliche Dinge. Entweder in Collagen, Videoarbeiten oder Gemälden. Und da jede:r Künstler:in seinen und ihren eigenen Zugang hat, ergibt sich so eine große Vielfalt an neuen Sichtweisen.

Da ist der erwähnte Backsteinturm, ein großer Druck in grellem Pink statt Rot, die Seiten verkehrt herum und versetzt untereinander angeordnet. Darunter ein weiteres Teil des Turms, hier sehen die Backsteine aber aus wie ein Drahtgestell, ineinander verflochten und an den Rändern gerissen. Daneben ein zweites Bild des gleichen Künstlers, Hansjörg Schneider.

„Brick Works“ von Hansjörg Schneider

© Johanna Treblin

Wieder Backstein, dieses Mal aber Ecken und Vorsprünge, eine Collage aus mehreren Rechtecken mit immer der gleichen Struktur, aber in unterschiedlichen Größen und in unterschiedlichen Winkeln aneinander gefügt.

Papierarchitektur hat einen Mangel

Hansjörg Schneider hat sich für die Ausstellung der sogenannten Papierarchitektur verschrieben. Diese „verzeichnet üblicherweise einen bedauerlichen Mangel. Ein Bauwerk wird nicht realisiert, aus welchen Gründen auch immer. Es existiert nur auf dem Papier“, heißt es in der Beschreibung zur Ausstellung.

Doch Schneider macht daraus Kunst. Er schafft „eine fruchtbare Verbindung zwischen einer gebauten Wirklichkeit und einem ebenso flexiblen wie fragilen Material, das durch Einfärben, Schneiden, Reißen und Kleben eine plakative Qualität annimmt“.

Das Schneiden und Reißen sieht man in einer weiteren Serie: „Depechen“. Aus Zeitungen bzw. auf Zeitungen aufgeklebte Formen, die so kunstvoll angelegt sind, dass sie wie eine Bauzeichnung für einen Turm oder eine Hochhausfront aussehen.

„Sea Pieces“ verhandelt das Thema Geflüchtete

Einen Raum weiter empfangen die Besucher:innen Fotos von Wasser, leichter Wellengang im weiten blauen Meer. Schaut man aber genau hin, stört etwas das Bild, es wirkt in der Mitte wie aufgebrochen. Geht man noch näher heran, erkennt man, dass das Bild pixelig ist. Die aufgebrochene Struktur scheint nachträglich hinzugefügt worden zu sein. Handelt es sich überhaupt um ein Foto?

Das schon. „Sea Pieces“ heißt die fotografische Serie von Yvon Chabrowski. Sie verhandelt damit das Thema von Menschen, die über das Mittelmeer fliehen. Sie verarbeitet damit das Gefühl von „Bedrohung, Verdrängung, Gewöhnung“, heißt es in der Bildbeschreibung. „Etwas, das verdrängt werden soll, wird auf eine unheimliche Weise sichtbar und gewinnt dadurch an Kraft.“

Ganz anders sind die Bilder von Michael H. Rohde. Sie sind grell, bunt, scheinbar chaotisch. Doch auch sie zeigen eigentlich Gewöhnliches aus einer ungewöhnlichen Perspektive: Er zeigt Gebäude – Wohnungen, Villen– von unten, als hätten sie einen Glasboden. So scheinen die Küchenstühle zu schweben, man sieht die Unterseite der Spüle mit ihren Rohren, blickt von unten auf ein Bettgestell, das durch Bänder zusammengehalten wird.

In der „villa wahnfried“ sieht man die Struktur der Wände und – weit oben – Kronleuchter, Kuppel, getäfelte Wände. Rohde verwendet zwar Fotografien, sieht sich aber „nicht als Fotograf, sondern als Maler“. Seine Bilder „dienen der Vermittlung für ein starkes Empfinden des anders Sehens, anders Fühlens“, erklären die Kuratorinnen in der Ausstellungsbeschreibung.

Die Kuratorinnen Katia Hermann und Karin Scheel zeigen in „Point of view(s) – Blick und Richtung“ insgesamt elf zeitgenössische künstlerische Positionen unter anderem von Clemens Behr, Margret Eicher, Andreas Fasbender und Isabel Kerkermeier.

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  • Viktoria Günther hilft seit über einem Jahr Menschen aus der Ukraine
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  • Berliner Bezirke erwirtschaften deutlichen Überschuss - Marzahn-Hellersdorf erzielt Verluste
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