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Retro-Chic: In der Pan Am Lounge servieren die Bardamen in den alten Stewardess-Uniformen.

© promo

Jubiläum der Pan Am Lounge: Da fliegen sie drauf

Pan Am gibt es nicht mehr, die Lounge der Piloten aber schon: Vor zehn Jahren hat Natascha Bonnermann den Ort im Charlottenburger Eden-Hochhaus wiederbelebt.

Am 1. November 1950 trat der erste Berliner Winterflugplan in Kraft, und damit begann ein neuer Stern am hiesigen Luftfahrthimmel zu leuchten: Pan Am. Zwei Monate zuvor hatte das 1927 gegründete Unternehmen die auch nach West-Berlin fliegende US-Gesellschaft AOA samt ihrer Strecken gekauft. Viermal täglich ging es nun von Tempelhof nach Frankfurt und zurück für 158 DM sowie einmal nach Hamburg und retour für 106 DM. Eine grandiose Erfolgsgeschichte begann, die sich erst in den späten Achtzigern ihrem Ende zuneigte.

Der Anschlag über Lockerbie 1988 bedeutete für Pan Am schon fast den Todesstoß, und als mit Mauerfall und Wiedervereinigung das Berlin-Monopol der alliierten Gesellschaften endete, die US-Gesellschaft sich auf den lukrativen Berlin-Strecken plötzlich Konkurrenz gegenüber sah, ging es mit ihr endgültig bergab. 1991 wurde Pan Am von Delta Air Lines übernommen, die letzte weißlackierte Maschine mit der hellblauen Beschriftung, eine A310, verließ Tegel am 30. Oktober 1991 in Richtung New York. Ein trauriges Ende. Und dabei hatte Stanley Kubrick in seinem 1968 gedrehten Science- Fiction-Film „2001: A Space Odyssey“ Pan Am sogar eine Zukunft im Weltraumtourismus vorausgesagt.

Am 30. Oktober 1991 hob die letzte Maschine der Fluggesellschaft Pan Am von Tegel ab.

© Imago

Kaum noch etwas erinnert in Berlin an Pan Am. Im Deutschen Technikmuseum setzt man vor allem auf rein deutschen Luftverkehr, immerhin besitzt der Leiter der Abteilung privat einen Mechanikeranzug mit Pan-Am-Logo. Ab und zu werden auch nachgemachte Pan-Am-Reisetaschen als modisches Accessoire durch die Stadt getragen, aber darin ist Berlin nicht einzigartig. Eine Pan Am Lounge aber, einen authentischen und wenn man so will, naturbelassenen Ort, an dem sich die Piloten, Flugbegleiter, Stewardessen zwischen den Flügen trafen und es sich gut gehen ließen – den hat nur Berlin.

Die Rückkehr des verwaisten Penthouses

Oder besser gesagt: Es hat ihn wieder, seit die Schauspielerin Natascha Bonnermann vor zehn Jahren von einem Freund zu einem Umtrunk in das seit dem Pan-Am-Ende verwaiste Penthouse des Eden-Hochhauses an der Budapester Straße 43 in Charlottenburg eingeladen wurde. Umgehend verlor sie ihr Herz an diesen in Vergessenheit geratenen Ort voller Retro-Chic, der in allen Ecken und Winkeln Geschichte und Geschichten zu bergen schien und nebenbei einen grandiosen Rundblick auf den Westen der Stadt bietet.

Sie investierte, polierte das verstaubte Kleinod wider alle Vernunft, galt doch West-Berlin damals nicht gerade als hip – und schenkte der Stadt damit einen einst nicht nur von Flugpersonal, sondern auch vielen Mitgliedern der Stadtprominenz genutzten Hotspot zurück und damit zugleich einen Teil seiner Geschichte.

Chefin Natascha Bonnermann (Mitte) achtet auf jedes kleinste Detail.

© promo

Prominente Jubiläumsgäste

Heute ist es wieder ein – nur für Veranstaltungen zu mietender – „Treffpunkt des neuen weltoffenen Berlins mit Kultfaktor“ – so preist jedenfalls Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Grußwort zur Jubiläumsfeier am Donnerstag die Lounge. Die geladenen Gäste dürfen sich auf Begrüßungsreden vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller, US-Botschafter John B. Emerson, Berlinale-Chef Dieter Kosslick und natürlich Natascha Bonnermann freuen, Hans-Peter Wodarz koordiniert die mit dem leiblichen Wohl betrauten Caterer, später wird DePhazz-Sängerin Pat Appleton alte Pan-Am-Jingles („Pan Am macht den großen Flug“) darbieten – die Chefin ist offenbar in vielerlei Richtungen gut vernetzt.

So originalgetreu wie möglich

Und von ihrer Entdeckung offenkundig noch immer so begeistert wie vor zehn Jahren: Enthusiastisch führt sie durch die Räume, weist am Eingang auf die seit dem Pan-Am-Ende weitgehend ungeöffneten Schließfächer der Piloten, über deren Inhalt schon die tollsten Spekulationen angestellt wurden. Hier werden die Gäste von ihrer Crew empfangen, Hostessen und Barkeeper in den Pan-Am-Uniformen der sechziger Jahre, auf dem Namenschild der Frauen noch das „Frl.“ als historisches Zitat, die Männer im schicken Captain-Look.

Die Bildtapete hinter der Tanzfläche, eine historische Darstellung der Boston Tea Party von 1773, gebe es auch im Oval Office, so hat es ihr kürzlich ein hoher Gast aus Washington versichert. Und da in der Ecke, erzählt die Lounge-Chefin, habe immer Willy Brandt gesessen.

Hier feierte schon das alte West-Berlin

Das Eden-Hochhaus, das seinen Namen vom kriegszerstörten Eden-Hotel ableitete, war 1966 entstanden und gehört wie das ein Jahr zuvor eröffnete Europa-Center zum Pepper-Reich. Die Pan Am hatte es mit seinen Apartments für die Crews gemietet und ihnen im Penthouse gleich noch einen eleganten Rückzugsraum spendiert, geeignet zum Ruhen, Dämmern, Plaudern, Tanzen. Ein Ort, der bald auch bei der West-Berliner Society hochbegehrt war, man musste nur die richtigen Leute kennen.

Ein nobles Vergnügen: Fluggesellschaften, und gerade die Pan Am, standen damals noch für Glamour, Jetset, Luxus – die Easyjet-Generation war noch nicht geboren. Dass man dieses Vergnügen der weißblauen Airline verdankte, vergaß niemand, schon wegen der hier und da mit Humor applizierten Gedächtnisstützen, seien es ein „Cabin Crew only“-Hinweis an einer Tür, ein „Passport Control“ an einem Durchgang oder gar ein blauer Pan-Am-Teppich mit Weltkarte in der zweigeschossigen Penthouse-Wohnung, die der Lounge angeschlossen ist.

All das verströmt den Charme der Swinging Sixties, hat aber durchaus auch einen ernsten Hintergrund, war doch der Flugverkehr nach West-Berlin etwas sehr Spezielles, schon wegen der Luftkorridore mit ihren niedrigen Flughöhen. Für die Piloten, so hat es Natascha Bonnermann bei Gesprächen mit Pan-Am-Veteranen wiederholt gehört, bestand die Aufgabe nicht nur im Befördern von Passagieren, stets ging es ihnen auch darum, „to keep the corridors open“. Denn die waren existentiell für West-Berlins Freiheit, die Luftbrücke hatte es bewiesen.

An all das möchte Natascha Bonnermann mit ihrer Lounge auch erinnern, wenngleich sie daran keinen direkten Anteil hatte: Mit Pan Am geflogen ist sie nie.

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