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Die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg: Seit mehr als einem Jahr wohnen Flüchtlinge in der ehemaligen Schule (Foto aus Dezember 2012).

© dpa

Gerhart-Hauptmann-Schule: Gewalt-Probleme im Flüchtlingshaus

Wieder gab es an der von Flüchtlingen besetzten Schule eine Gewalttat: Ein Mann erlitt Stichverletzungen. Bezirk und Senat suchen nun nach Lösungen für das Flüchtlingsheim in Kreuzberg. Schüler demonstrierten derweil am Donnerstag für das Recht auf Asyl.

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Messerstechereien, Diebstähle, Drogendelikte: Es war der 48. Einsatz der Polizei innerhalb von 14 Monaten an der Gerhart-Hauptmann-Schule am Mittwochabend. Auf dem Schulhof saß ein stark blutender Flüchtling aus dem Tschad. Der 24-Jährige hatte Stichverletzungen an einem Arm und einem Bein. Lebensgefahr besteht nicht. Die Hintergründe sind unklar, das Opfer ist nach Einschätzung der Ärzte noch nicht vernehmungsfähig, die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. 250 Flüchtlinge und Bedürftige leben in der besetzten Schule. Wie das Camp am Oranienplatz ist das Flüchtlingshaus an der Ecke Ohlauer Straße/Reichenberger Straße ein „Problem-Ort“. Doch Lösungen sind nicht einfach zu finden. Am Donnerstag demonstrierten nun rund 1500 Schüler und Studenten für Flüchtlingsrechte: Auch noch nicht geduldete Asylbewerber sollen für den Alltag Deutschkurse gewährt bekommen und zudem arbeiten dürfen.

„Social Security Service” geplant

Der Kreuzberger Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne) geht seit September jede Woche in die Schule und spricht mit den Bewohnern. „Wir hoffen auf eine gemeinsame Lösung mit dem Senat“, sagt der Grünen-Politiker. Denn der Bezirk will auf dem Gelände ein längst geplantes, kiezorientiertes Projekte-Haus umsetzen. Etwa 50 bis 60 Bewohner könnten dort jedoch weiter wohnen. Zurzeit verhandelt der Bezirk mit mehreren Anbietern aus der Sicherheitsbranche, um im Haus dauerhaft einen „Social Security Service“ einzurichten, der auch verhindern soll, dass immer wieder neue Leute in das Haus ziehen. Einen genauen Überblick, woher die Bewohner kommen, welches Schicksal sie erlitten und welchen Aufenthaltsstatus sie haben, hat das Bezirksamt aber nicht. „Ich habe die Flüchtlinge gebeten, eine Liste mit den Fällen zu erstellen“, sagte Panhoff. Erst dann könne man individuelle Hilfen anbieten wie psychologische Betreuungen. Eine alternative Unterkunft aber hat der Bezirk noch nicht gefunden.

Zwei versuchte Morde in Gerhart-Hauptmann-Schule

Über die vielen Gewalttaten in der besetzten Schule hatte bereits der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses diskutiert. Neben Messerangriffen gab es bislang zwei gravierende Fälle, die als versuchter Mord gewertet wurden. Bei mehreren Einsätzen waren die Beamten der Polizei oder der Feuerwehr von Flüchtlingen und Sympathisanten bedrängt worden, da sie eine Räumung befürchteten. So musste bei der Suche nach einem Messerstecher im November sogar das Spezialeinsatzkommando anrücken. Der Kreuzberger CDU-Kreisparteitag hatte sich Ende Januar einstimmig für die „sofortige Räumung“ und bei einem Scheitern der Verhandlungen auch für die Räumung des Camps am Oranienplatz ausgesprochen. „Die Situation wird nicht besser. Integrationssenatorin Kolat scheint offenbar viel zu reden. Aber irgendwann müssen auch mal Ergebnisse sichtbar sein“, sagte der Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Kai Wegner.

Konstruktive Gepräche mit dem Flüchtlingsrat

„Wir loten gemeinsam alle Möglichkeiten zur Lösung des Problems am Oranienplatz aus“, teilte die Senatsverwaltung für Integration mit. Die Gespräche zwischen Kolat, der früheren Integrationsbeauftragten Barbara John (CDU) und Flüchtlingsvertretern seien noch nicht beendet. Der Flüchtlingsrat betont, die Gespräche seien konstruktiv. „Es muss eine Lösung geben, die vom gesamten Senat getragen wird, um aufenthaltsrechtliche Perspektiven zu schaffen“, forderte Martina Mauer, Sprecherin des Flüchtlingsrats. „Wir wünschen uns eine klare Positionierung des Regierenden Bürgermeisters.“

Für die Demo von Mitte bis zum Flüchtlingscamp am Oranienplatz ließen Schüler den Unterricht ausfallen. Die Bildungsgewerkschaft GEW appellierte, sie nicht zu ermahnen, sondern das als praktischen gesellschaftspolitischen Unterricht zu werten. Die Polizei nahm ein halbes Dutzend vermummte Demonstranten wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz fest.

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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