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 Ein Wahllokal in Wilmersdorf bei der Wahl 2021.

© imago images/Stefan Zeitz

„Für die Helfer ist das eine Enttäuschung“: So reagieren die Berliner Bezirke auf die Wahlwiederholung

In den Bezirksämtern sieht man das Urteil mit gemischten Gefühlen. Einige Politiker fürchten einen nachhaltigen Vertrauensverlust – und eine sinkende Wahlbeteiligung.

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In den Berliner Bezirken stößt das Urteil des Landesverfassungsgerichtes zur Wiederholungswahl auf gemischte Gefühle. Insbesondere die Bezirke, in denen es besonders viele Pannen gab, geben dem Gericht Recht. Bei anderen Bezirken, in denen die Wahl störungsfrei ablief, stößt das Urteil auf wenig Verständnis.

Besonders chaotisch lief die Wahl im vergangenen Jahr in Pankow ab – nicht zuletzt deswegen muss hier auch in fast allen Wahllokalen die Bundestagswahl wiederholt werden. Auf die Tagesspiegel-Nachfrage hin, ob er die Wahlwiederholung für gerechtfertigt halte, antwortete Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke): „Ja.“

Wir gehen mit mehr Personaleinsatz in die Vorbereitung als je zuvor.

Sören Benn (Linke), Bürgermeister in Pankow

Die Vorbereitungen auf die Wahlwiederholung laufen nach Aussagen des Bürgermeisters schon seit einem Monat. Als Konsequenz auf die Pannen im September 2021 würden nun „alle Bereiche und Routinen kritisch überprüft und solide im Hinblick auf ihre Funktionalität optimiert und abgesichert“, erklärte Benn. „Wir gehen mit mehr Personaleinsatz in die Vorbereitung als je zuvor.“

Vorbereitungen laufen seit Wochen

Ähnlich äußerten sich auch die anderen Bezirksämter: Alle befragten Bürgermeister:innen gaben an, die anstehende Wahl bereits seit mehreren Wochen vorzubereiten. In vielen Bezirken werden aktuell etwa auch schon Räume gesichtet, Personal gesucht und Wahlurnen bestellt.

Auf wenig Gegenliebe stößt das Urteil hingegen in Treptow-Köpenick, wo 2021 die wenigsten Versäumnisse registriert wurden.  „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirkswahlamtes sowie die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer haben sich im vergangenen Herbst über die Maßen engagiert und im Bezirk eine hervorragende Leistung erbracht. Für sie ist das Urteil natürlich eine Enttäuschung”, sagte Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) dem Tagesspiegel.

Ähnlich reagierte auch Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (ebenfalls SPD): „Das Urteil des Gerichts ist zu akzeptieren, auch wenn es in Neukölln kaum Fehler gab“, sagte er. Er höre aber von vielen Menschen, dass das Verständnis für die gesamte Wiederholung der Wahl fehle. „Ich befürchte, dass die Beteiligung deshalb darunter leiden könnte – und das ist für eine Demokratie immer schlecht“, sagte Hikel.

Das Urteil zeigt, was alles noch zu tun ist für eine funktionierende Verwaltung.

Clara Herrmann (Grüne), Bürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg

Viele Pannen gab es auch in Friedrichshain-Kreuzberg. „Das Urteil zeigt, was alles noch zu tun ist für eine funktionierende Verwaltung“, sagte die grüne Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann. Als Beispiel nannte sie etwa die „Dysfunktionalität unserer zweistufigen Verwaltung“ – also Landes- und Bezirksebene – und betonte, die „Verwaltungsmodernisierung“ müsse schneller gehen.

Durch die heftigen Wahlfehler sei viel Vertrauen in demokratische Prozesse und Strukturen verlorengegangen, befürchtet sie. Eben dieses Vertrauen müsse aber eigentlich gestärkt werden, damit nicht der Populismus, die Menschenfeindlichkeit und der Rassismus die Oberhand gewinnen. „Ich nehme das Urteil sehr ernst. Konkrete Punkte wie kopierte Stimmzettel in Friedrichshain-Kreuzberg gehören dazu. Das wird es nicht mehr geben“, versprach Herrmann.

Einigkeit herrscht in den Bezirksämtern darüber, dass die kommende Wahl wohl stärker von bundespolitischen Themen und der aktuellen Weltsituation dominiert wird.

So sagte etwa Jörn Oltmann, Bezirksbürgermeister in Tempelhof-Schöneberg: „Die Alltagssorgen der Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2022 sind schon ein wenig anders als in 2021.“ Die Auswirkungen der Energiekrise, des Krieges in der Ukraine und der steigenden Preise seien auch in den Berliner Bezirken stark zu spüren. „All diese Fragestellungen werden natürlich jetzt auch im Wahlkampf aufgegriffen werden“, sagte Oltmann.

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