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Die S-Bahnbrücke ist ein Provisorium und muss ausgetauscht werden. Zusätzlich soll es einen zweiten Zugang geben, rechts, unter der Brückendurchfahrt, wird der Zugang durch die Mauer geschlagen. Die Treppe daneben zum Postplatz bleibt bestehen. Allerdings führt auch noch ein Radweg dort vorbei und der Bürgersteig ist besonders eng. Deshalb sind die Kritiker empört von der Entscheidung der Bahn.

© Thilo Rückeis

Bezirk kontra Senat: Posse um zweiten Zugang am S-Bahnhof Zehlendorf

S-Bahn und Senat haben längst gegen den Bezirk entschieden, wie der Zehlendorf Blog erfuhr. Der zweite Eingang kommt - an die gefährlichste Stelle.

Ein Aufstand im Bezirksamt Zehlendorf ist wohl vorprogrammiert. Aber die S-Bahn und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sehen keine Alternative: Es geht um ein sehr altes Thema, das nun entschieden wurde – gegen den Willen des Bezirks. Im Zuge der Grunderneuerung der S-Bahnlinie S1 wird nicht nur die S-Bahnbrücke am Teltower Damm erneuert, sondern es soll endlich auch den vom Bezirksamt und von den Bürgern ersehnten zweiten S-Bahnaufgang geben - nur nicht dort, wo ihn der Bezirk und sämtliche Parteien haben wollen. Er kommt jetzt an die gefährlichste Stelle der Brückenunterführung.

Während viele Vertreter im Bezirksamt und in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) noch davon ausgehen, dass ihre Wünsche berücksichtigt werden, haben S-Bahn und Senatsverwaltung Tatsachen geschaffen. Der zweite Zugang zum Bahnsteig wird nach Informationen von Tagesspiegel Online ausgerechnet am schmalsten Ort der Straßenunterführung am S-Bahnhof gebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite des bisher einzigen Zugangs am Teltower Damm ist der Fußgängerweg ohnehin aufgrund des Fahrradweges besonders eng. Hier will die S-Bahn den zweiten Zugang mitten durch die jetzige Mauer bauen. Genau davor rauschen bisher die Fahrradfahrer die sich leicht neigende Straße herunter. Ein Sprecher der S-Bahn sagte: Der Zugang ist durch eine Öffnung in der Stützwand vorgesehen.“

Bürgermeister Kopp ist empört über die Bahn

Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU), der vom Tagesspiegel über die fertigen Pläne erfuhr, hält eine solche Lösung für „nicht vernünftig und gefährlich, weil sehr viele Menschen auf engstem Raum aus verschiedenen Richtungen aufeinander treffen und auch noch Radfahrer unterwegs sind“. Bis heute ist das Bezirksamt, das mit der Planung nichts zu tun hat, offensichtlich nicht über die Pläne von Senat und S-Bahn informiert worden. Baustadtrat Norbert Schmidt (CDU) sagte Tagesspiegel Online noch in der letzten Woche: „Wir sind guter Hoffnung, dass der zweite Zugang nicht am Teltower Damm kommt. Jeder Ortskundige sieht doch, dass es da nicht geht.“

Der S-Bahnhof Zehlendorf und wo das Problem liegt...

© Fabian Bartel

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Uwe Köhne träumt bis heute von einer, wie er sagt, „historisch richtigen und nachhaltigen Lösung“. Die Grünen wollen, wie auch alle anderen Parteien, am liebsten einen Ausgang zur Alten Post oder zur Machnower Straße, jedenfalls einen Ausgang östlich des Bahnhofes, weg vom stark befahrenen Teltower Damm. Köhne sagt: „Die beste Lösung wäre ein Tunnel, der die Machnower Straße mit der Anhaltinerstraße verbindet.“ Auch andere Verkehrsexperten sehen es als sinnvoll an, den Zugang östlich zu bauen, zur Machnower Straße, weil man von dort den direkten Zugang zu den Bussen 115, 101 und 623 habe. Es würde den ohnehin von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern überfüllten und schmalen Teltower Damm entlasten.

Die SPD im Bezirk hat schon im November 2010 einen Antrag in der BVV gestellt, in dem es heißt: „Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich dringend bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass der zweite S-Bahnausgang nicht unter der S-Bahnbrücke…gebaut wird.“ Die Sozialdemokraten gingen damals sogar soweit zu fordern, dass man ganz auf einen zweiten Ausgang verzichten solle, wenn dieser nicht östlich gebaut werde.

Die BVV hat dann immerhin am 19. Januar 2011 ohne den Zusatz des „Verzichts“ den Antrag der SPD beschlossen. Auch heute stehen alle Parteien, Grüne, CDU und Piraten, hinter diesem Beschluss. Selbst die FDP, die nicht mehr in der BVV vertreten ist, ist der Meinung, dass ein zweiter Zugang unter der S-Bahnbrücke „großer Unsinn“ sei.

Die zuständige Senatsverwaltung für Verkehr hat nach eigener Aussage bereits im Jahre 2007 bei der S-Bahn einen zweiten Ausgang „bestellt“, wie es in der Amtssprache heißt. Damals schon wurde die Variante eines westlichen Ausgangs aus Kostengründen verworfen. Schon in den 90er Jahren hatte es unter Beteiligung des Bezirksamts planerische Überlegungen gegeben, die von einem Zugangstunnel zwischen Postplatz und Machnower Straße ausgingen. Später wurde erwogen statt eines Tunnels eine Brücke als zweiten Zugang zu bauen. Auch diese Idee wurde aus finanziellen Erwägungen verworfen.

S-Bahn: Hatten mit Vorplanungen nichts zu tun

Auf Nachfrage sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Tagesspiegel Online, man werde demnächst mit der S-Bahn alle Details geklärt haben. Dann werde es auch ein Planfeststellungsverfahren geben. Die S-Bahn sieht sich nur als Vollzieher der Senatsbestellung. Ein Sprecher sagt: „Welche Varianten durch den Senat im Rahmen der Vorentwurfsplanung untersucht worden sind, entzieht sich unserer Kenntnis.“

Nach Tagesspiegel-Informationen wird die Erneuerung der Eisenbahnüberführung rund 4,7 Millionen Euro kosten, die Kosten für den zweiten Zugang betragen etwa 2,2 Millionen Euro. Diese werden allerdings vom Land Berlin getragen. Sollte es Veränderungen im Straßenbereich geben müssen, würden beide Seiten eine sogenannte Kreuzungsvereinbarung treffen und sich die Kosten teilen. Die S-Bahn teilte dazu mit: „Es ist noch keine Kreuzungsvereinbarung abgeschlossen worden, es gibt bisher kein Verlangen der Kreuzungsbeteiligten bezüglich einer Änderung der Kreuzung.“

Uwe  Köhne dagegen findet, dass man zwingend die Fahrbahn verengen müsse, um mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen. Für ihn ist die Haltung der S-Bahn nicht nachvollziehbar. „Die S-Bahn stellt sich einfach quer und bestimmt mit ihrer sturen Haltung, wie die Verkehrsplanung der Kommunen zu sein hat.“ Anstatt eine nachhaltige Lösung anzustreben schaffe die Bahn „wieder nur ein Provisorium“.

Der S-Bahnhof Zehlendorf wurde einst am 21. September 1838 eingeweiht. Die Station liegt an der alten Stammbahn, die Zehlendorf mit Düppel verband, und die als die erste Eisenbahnstrecke in Preußen gilt. Die Brücke über dem Teltower Damm aber hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu Unfällen geführt. Dabei hatte man in den 60er Jahren den Teltower Damm schon extra tiefer gelegt, um wenigstens eine reale Durchfahrtshöhe von mindestens vier Metern zu erreichen. Trotzdem blieben immer wieder Lastwagen hängen.

Zuletzt krachte am 1. September 2010 ein Tieflader mit Kranteil in die Brücke, verklemmte sich und durchbohrte sie teilweise. Fünf Stunden dauerte die Bergung, seitdem rollen die Züge über ein eilig erbautes Brückenprovisorium. Bis es nun allerdings soweit ist und eine Brücke „nach dem heutigen Stand der Technik“ gebaut ist, wie es ein Bahnvertreter formuliert, wird es noch dauern. Derzeit ist ein Baubeginn frühestens 2015 geplant. Der Grund, sagt die S-Bahn, sei eben die Zusatzbestellung des Landes Berlin für die Errichtung des zweiten Bahnsteigzugangs.

Wer weiß, vielleicht schließt sich die BVV doch noch der alten Forderung der SPD an und plädiert nun auf einen generellen Verzicht. Die 2,2 Millionen aber würden dann ganz sicher außerhalb Zehlendorfs investiert werden.

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