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Profi am Herd: Spitzenkoch Yoshizumi Nagaya (li.) kochte auf der Messe in Berlin. 

© Foto: Bernd Matthies

Rolling Pin Convention in der Arena Treptow: Starköche treffen sich zu Geschmacks-Gipfel in Berlin

In Berlin kommen internationale Köche bei einer Fachmesse zusammen. Der Andrang in der Treptower Arena ist groß.

Der weltweit erfolgreichste deutsche Koch ist auch da, nur erkennt ihn kaum jemand. Rainer Becker, der auf mehreren Kontinenten seine Zuma- und Roka-Restaurants betreibt und in 30 Betrieben rund 2300 Mitarbeiter beschäftigt, macht auch nicht viel Aufhebens um sich: Gelassen erzählt er auf der großen Bühne in der Treptower Arena von seinem Werdegang, der Ende des letzten Jahrhunderts in Japan begann.

Er ist einer der Stargäste der „Rolling Pin Convention“, mit der das österreichische Branchenmagazin „Rolling Pin“ nach zwei Corona-Jahren wieder Köche, Hoteliers, Winzer und Gastronomielieferanten nach Berlin gebracht hat.

Es ist die Veranstaltung, die Berlin eigentlich selbst auf die Beine stellen müsste, nachdem sich andere deutsche Fachmessen wie „Eat & Style“ oder die „Chefsache“ von der Hauptstadt wegen mangelnder Resonanz wieder zurückgezogen haben. Doch immerhin glauben die Grazer an den Standort, und sie wagen es sogar, den Zugang auf Fachpublikum zu beschränken, was der Nachfrage keinen Abbruch tut: Die Branche drängt sich schon am ungewohnten Sonntag in der Halle.

Gastronomen beklagen hohe Energiekosten

Aber wie ist die Stimmung? Auf den Bühnen werden Vorwärtsdrang, Neugier und Erfolgskonzepte präsentiert, nur in Nebensätzen tauchen die aktuellen Herausforderungen auf, unter denen der Fachkräftemangel noch die geringste ist. Hans-Peter Wodarz aber, ein neugieriger Besucher aller Branchentreffs, berichtet von seinem Neustart mit dem Berliner Palazzo-Zelt im November und stöhnt: „Die Energiekosten sind um 350 Prozent gestiegen.“

Und Peter Frühsammer, der zusammen mit seiner Frau Sonja auf der Nebenbühne eine Kochdemonstration zum Thema Riesling kommentiert, freut sich aufs nächste Jahr, in dem er kein Restaurant mehr betreibt: „An manchen Abenden, wenn alles gut läuft, bedauere ich die Entscheidung. Aber dann schaue ich auf die Kosten und sage mir, gottseidank.“

Dänischer Starkoch kann sich vor Gästen kaum retten

Die internationalen Gäste sehen das augenscheinlich gelassener. Einer der gegenwärtig am meisten beachteten Köche der Welt, Rasmus Munk aus Kopenhagen, hat nach wie vor eher das Problem, die Nachfrage zu kanalisieren. Sein Multimedia-Restaurant „Alchemist“ ist stets auf Monate ausgebucht, und das, obwohl ein Besuch pro Person locker 1000 Euro kosten kann.

Er zeigt als einer der ersten Gäste auf der großen Bühne aber nicht seine Buchhaltung, sondern einige der artistischen Augentäuschungen, für die er berühmt ist – wer hier eine Rinderzunge oder einen gefüllten Aschenbecher hingestellt bekommt, der kann sicher sein, dass es weder Zunge noch Asche ist.

Von Kobe-Rind bis „New Meat“

Nach wie vor ein Riesenthema ist Fleisch, zumal nun auch langsam das japanische Kobe-Rind den internationalen Markt erobern darf. Viel Platz hat der Importeur Frank Albers, der am Sonntag gleich sechs Fachvorträge zum Thema moderiert und Top-Köche wie Kevin Fehling aus Hamburg und Yoshizumi Nagaya aus Düsseldorf mitgebracht hat; später trifft sich dort auch Eckart Witzigmann zum Plaudern mit dem Musiker, Rinderzüchter und Weingutsbesitzer Dieter Meier. Als Kontrast gibt es aber auch Fleisch-Alternativen, etwa von „New Meat“, die viel probiert und diskutiert werden – alles ist besser als namenloses Billigfleisch.

Die größte fachliche Neuerung des Kochens begann sich vor etwa 20 Jahren durchzusetzen: Die wissenschaftliche, von neuen technischen Geräten begleitete Durchdringung des früher rein gefühlsgesteuerten Handwerks. Sie hat längst auch die Tresen der besseren Bars erreicht, deren Keeper zu einer Art Getränkeköche geworden sind.

Eine typische Fachfrau ist Maria Rausch vom „Rotkehlchen“ in Münster, die sich mit Heiko Antoniewicz, dem Vordenker der neuen deutschen Küche, zusammengetan hat. Er serviert Butterbrote, basierend auf selbstgebackenem Walnussbrot, von dem er weiß: „Kalifornische Walnüsse haben den Umami-Gehalt von mittelreifen Tomaten.“

Drauf kommt Salz, das mit Rindfleisch angesetzt wurde, noch mehr Umami. Als Getränk bietet Maria Rausch dazu eine Infusion aus Feigenblättern mit Doppelwacholder, einem Schlehenkernkonzentrat, geklärt mit Milch nach Art der Molkeproduktion.

Viele österreichische Köche sind am Start, das ist Pflicht beim Grazer Veranstalter, aber sie haben auch was zu bieten wie Richard Rauch, der das Konzept „Nose to tail“, also die Verwendung sämtlicher Teile des geschlachteten Tiers, weiter entwickelt hat.

Aber auch die Berliner Szene ist gut vertreten: René Frank, gerade zum „besten Patissier der Welt“ ernannt, referierte über seine ebenso diffizile wie innovative Arbeit im Neuköllner „Coda“, und am Montag wird sicher auch Lokalmatador Tim Raue viele Gäste anziehen, wenn er über seinen Weg vom Küchenrüpel zum TV-Star berichtet.

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