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Umgestürzt. Die von Max Liebermann gepflanzte Kastanie.

© Liebermann-Villa

Berühmter Baum am Wannsee: Liebermanns Kastanie ist umgestürzt

Der Maler Max Liebermann hat sie 1910 selbst gepflanzt und auf zahlreichen seiner berühmten Gartengemälden verewigt. Doch nun hat das Alter die große Kastanie im Garten der Villa am Wannsee gefällt.

Sie hat den Krieg ohne Blessuren überstanden, wurde Zeuge, als die Künstlervilla an der Colomierstraße in Wannsee, deren Garten sie doch verschönern sollte, erst als Reichspostheim, als Lazarett und dann als ziviles Krankenhaus zweckentfremdet wurde. Sie hat die Mitglieder vom Deutschen Unterwasser-Club beschattet und nach deren Auszug dabei zugesehen, wie die Villa und ihr Garten langsam wieder dem originalen Zustand angenähert wurden. Doch jetzt, wo eigentlich alles fertig, die Villa restauriert, der Garten rekonstruiert war, konnte sie plötzlich nicht mehr: In der Nacht zu Dienstag ist die 18 Meter hohe Kastanie im Garten der Villa von Max Liebermann, die noch vom Maler 1910 bei Bezug des Hauses gepflanzt worden war, einfach umgestürzt. Es ging dabei nichts weiter kaputt, und niemand kam zu Schaden, aber der Verlust in der denkmalgeschützten Anlage ist doch schmerzlich. Seit mehreren Jahren habe man Pilzbefall und Baumfäule feststellen müssen, es sei zur Aushöhlung von Wurzelhals, Stamm und Astwerk gekommen, hieß es gestern bei der Liebermann-Gesellschaft. Alle Gegenmaßnahmen seien gescheitert, und der Fall des Baumes sei dann doch überraschend gekommen, sagte Museumsleiter Martin Faass.

Der Künstler hatte die Pflanzstelle mit Bedacht gewählt

Der Baum stand im hinteren, dem Wannsee zugewandten Teil des Gartens, an einem prominenten Platz, wie Faass schildert. Die Stelle sei von Liebermann mit bedacht ausgewählt worden, an der Schnittstelle zwischen der Terrasse und den erst von wenigen Wochen fertiggestellten Heckengärten, er habe damit eine Gelenkfunktion.

Wie berichtet, war mit der Eröffnung der Heckengärten Anfang Mai die Rekonstruktion der Gartenanlage abgeschlossen worden. Sie war für Liebermann eines der wichtigsten Motive. Die Kastanie, die nach Faass’ Schätzung 120 Jahre alt gewesen sein muss, also bei der Pflanzung schon einige Jahresringe angesetzt haben muss, wurde von dem Maler auf zahlreichen Gemälden, Pastellen und Graphiken festgehalten. Gestern wurde bereits damit begonnen, den umgestürzten Baum wegzuräumen, heute gehen die Arbeiten weiter. Schon jetzt ist für Faass aber klar, dass Ersatz geschaffen werden muss – eine neue Kastanie an der originalen Stelle. Das wird allerdings erst im Herbst möglich sein.

Der Autor ist Redakteur im Tagesspiegel-Ressort Berlin-Brandenburg. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

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