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Auszeichnung: Biermann ist Ehrenbürger Berlins

Der Liedermacher Wolf Biermann hat die Ehrenbürgerwürde Berlins erhalten. Die Auszeichnung wurde dem 1976 aus der DDR ausgebürgerten Künstler bei einer festlichen Zeremonie im Roten Rathaus verliehen.

Berlin - Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) würdigte Biermann in seiner Laudatio als großen Künstler und leidenschaftlichen Humanisten, der auch die scharfe Kontroverse liebe und manchmal "zubeiße". Der Dichter bedankte sich für die Ehrung, die für ihn eine "Art Wiedereinbürgerung" und "ein Kuss der Stadt Berlin in seine Seele" sei. Biermann ist der 115. Ehrenbürger Berlins.

Noch vor seiner eigentlichen Laudatio wies Wowereit die Äußerung Biermanns zurück, wonach es "verbrecherisch" sei, dass die SPD mit der Linkspartei/PDS "ins Bett geht". "Berlin hat eine demokratisch gewählte Regierung". Die Koalition als "verbrecherisch" zu bezeichnen, "das geht zu weit", sagte der Regierungschef vor rund 350 Gästen, unter ihnen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD).

Er halte Wowereit nicht für einen Verbrecher, sonst würde er nicht hier sitzen, stellte Biermann in seiner Dankesrede klar, die er nach eigenen Angaben der DDR-Opposition widmete. Aber er finde es "verbrecherisch", dass sich Wowereit mit den Erben der SED-Nomenklatura eingelassen habe. "Das tut mir weh", sagte Biermann. Es sei sogar viel schlimmer als verbrecherisch, es sei ein Fehler gewesen. Insgesamt stimmte der Künstler aber versöhnliche Töne an. Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde sei ein politischer Vorgang, da gebe es Freund und Feind. Wowereit sei "eigentlich richtig", betonte Biermann. "Er soll nicht mein falscher Feind sein", deshalb müssten sie sich nicht um den Hals fallen. Es habe ihm aber gefallen, was der Regierungschef gesagt habe.

Nach Darstellung Wowereits steht Biermann in besonderer Weise für den Widerstand gegen das SED-System und hat Menschen ermutigt, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte aufzustehen. Zugleich sehe der frühere DDR-Dissident "das bewusste Sich-schief-Legen als Überlebensprinzip, als Beweis dafür, dass man unabhängig ist". Er verfüge über ein fulminantes politisches Talent, "das ihn manchmal aus der Kurve zu tragen scheint". "Berlin ist stolz, Sie einen Bürger dieser Stadt nennen zu dürfen", sagte Wowereit. Bei der Ehrenbürgerwürde als der höchsten Auszeichnung der Stadt sei es guter Brauch, dass die Verleihung im Konsens erfolge. Dieser Konsens sei diesmal jedoch erst nach öffentlicher Diskussion entstanden. Die SPD war nach langer Debatte unter massivem Druck auch aus den eigenen Reihen auf die Forderung der Opposition eingeschwenkt, Biermann zu ehren.

"Kaderkrampfige Gschlossenheit" der Linkspartei

Das "politische Possenspiel" im Vorfeld habe ihn "halb amüsiert und halb gekränkt", räumte der Dichter ein. Er dankte den "echten Sozialdemokraten" wie Thierse, die sich für die Auszeichnung stark gemacht hatten. An die Abgeordneten der Linkspartei gewandt sagte Biermann, sie hätten in "kaderkrampfiger Geschlossenheit" demonstriert, dass sie seine "offenen und ehrlichen Feinde" geblieben seien. Die Partei, die bei der feierlichen Zeremonie unter anderem von Wirtschaftssenator Harald Wolf vertreten wurde, hatte sich bei der Abstimmung im Parlament enthalten und dies besonders mit Biermanns Befürwortung von Kriegseinsätzen begründet.

Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) hatte zuvor die Urkunde verlesen und sie gemeinsam mit Wowereit an den Künstler überreicht. Außerdem erhielt er ein Foto der Weidendammer Brücke, die in einer Ballade Biermanns eine Rolle spielt. Der Geehrte sagte, dass er Berlin "nicht viel, sondern fast alles" zu verdanken habe. Nur dort konnte er "der Biermann" werden. Als Zeichen seiner Rührung küsste er die Mappe mit der Urkunde.

Birthler verteidigt Biermann

Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, hat Wolf Biermanns Äußerungen über den rot-roten Berliner Senat verteidigt. Sie verstehe die Aufregung nicht, sagte Birthler im RBB-Inforadio. "Die Meinung von Wolf Biermann zum rot-roten Senat ist seit Jahren bekannt - er ist übrigens nicht der Einzige, der so denkt - und seine zuweilen drastische Ausdrucksweise überrascht nicht." (tso/ddp)

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