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Berlins Schulklassen sind vielerorts schon jetzt voller als vorgeschrieben.

© Christoph Soeder/dpa

Bildungspolitiker gegen geplante Kürzungen: Rot-grün-rote Parteigremien warnen vor größeren Klassen

Im Endspurt um den Doppelhaushalt erinnern die Bildungsgremien der Koalitionsparteien ihre Fraktionsspitzen an den Koalitionsvertrag. Ein einmaliger Vorgang.

Mit einer bisher nie dagewesenen Aktion haben sich die Bildungsgremien von Rot-Grün-Rot am Donnerstagmorgen an die Vorsitzenden ihrer Fraktionen gewandt. In einem gemeinsamen Schreiben appellieren sie kurz vor den Schlussberatungen des Hauptausschusses zum Doppelhaushalt an ihre Parteifreunde, erheblich mehr Geld als bisher vorgesehen für die Berliner Schulen zu erübrigen.

Im Mittelpunkt steht der Hinweis darauf, sich nicht von überholten demographischen Daten leiten zu lassen, sondern die aktuellen Zuwächse – darunter auch die durch die Flucht aus der Ukraine – zu berücksichtigen: „Damit hätten die entsprechenden haushälterischen Ansätze gerade im Bereich des Schulbaus sowie der Ausbildungskapazitäten eher verstärkt werden müssen, wenn wir unserem gemeinsamen Versprechen im Bildungsbereich gerecht werden wollen“, schreiben die drei Arbeitskreise für Bildung der Parteien. Aus ihrer Sicht seien die geplanten Kürzungen im aktuellen Haushaltsentwurf „kontraproduktiv“.

Als „Korrektur“ wird daher empfohlen:

  • Die Schulbau-Kürzungen „in Höhe von über 130 Millionen Euro bei Neubauten, Modularen Ergänzungsbauten sowie Typensporthallen zurückzunehmen. Denn diese Finanzierungslücke stehe nicht nur im Widerspruch zu der zentralen Aussage des Koalitionsvertrages, dass investiv nicht gekürzt werde, „sondern erscheinen schlicht widersinnig angesichts der aktuellen Zuzugszahlen“. Wenn nicht gegengesteuert werde, werde es dazu kommen, „dass zum Ende dieser Legislatur die einzige Lösung für den Schulplatzmangel die Erhöhung der Klassenfrequenzen bleibt“.
  • Als zweites großes Haushaltsthema benennen die Bildungspolitiker die Kürzungen bei Ausbildungskapazitäten: Dies widerspreche einem weiteren Versprechen der Koalition, nämlich dem, die Lehrkräftebildung voranzubringen. Weder die ursprünglich im Haushalt vorgesehenen 6,55 Millionen Euro noch die im Koalitionsvertrag festgehaltene Aufstockung von weiteren zehn Millionen fänden sich im aktuellen Haushalt wieder. „Wie wollen wir der Stadt gemeinsam erklären, dass genug für die Bekämpfung des Fachkräftemangels getan wird angesichts dieser Kürzungen?“, fragen die Vertreter der Gremien, darunter die ehemalige SPD-Fraktionssprecherin für Bildung, Maja Lasic. Sie ist die neue Co-Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD.
  • Als dritten Punkt fokussieren sich die Fachleute von SPD, Grünen und Linken auf den „Ausbau der Multiprofessionalität“ an den Schulen. Auch hierzu verweisen sie auf „unser gemeinsames Bekenntnis im Koalitionsvertrag“. Der Einsatz verschiedener Professionen – und eben nicht nur von Lehrkräften, Erziehern und Sozialarbeitern – sei „nicht nur die Voraussetzung für eine gelingende Inklusion“. Sie sei auch ein pragmatischer Weg, um den Fachkräftemangel bei Lehrkräften „durch Berufsgruppen abzupuffern, bei denen der Mangel nicht so eklatant ist“, wie etwas Psychologen. Zudem müssten die Kapazitäten von pädagogischen Unterrichtshilfen, Betreuerinnen und Betreuern, Schulassistenzen oder weiteren Gruppen, „die den Schulalltag für alle erleichtern würden“, erhöht werden. Hierfür fordern sie 15 Millionen Euro für zusätzliches Personal.

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Zum Schluss ihres Appells bezeichnen die Bildungsgremien die bisher geplanten Kürzungen als „Fehlentscheidungen im aktuellen Haushaltsentwurf“. Ohne diese Korrektur stehe der Bildungsbereich „vor einer Zäsur und muss sich in Zeiten größten Mangels eklatanten Kürzungen stellen, die die Bekämpfung des Mangels unmöglich machen. Unser gemeinsamer Anspruch ist ein anderer“.

Der Brief der Bildungsgremien reiht sich ein in weitere Proteste. Für den Nachmittag begann eine Mahnwache vor dem Abgeordnetenhaus. Bereits am Montag hatte es offene Briefe der Elternschaft und der Schulleitungsverbände gegeben, da an diesem Freitag die zweite Haushaltslesung im Bildungsausschuss ansteht.
„Es darf unter keinen Umständen zu Kürzungen im Berliner Bildungsbereich kommen, wie es die In-house-Opposition von RGR auch angemerkt hat“, meldete sich auch FDP-Bildungspolitiker Paul Fresdorf zu Wort. Die „eventuellen“ Einsparungen im Doppelhaushalt müssten unverzüglich zurückgenommen werden.

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