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Bildungssenatorin Scheeres: Erste Inspektion im Kiez

Bildungssenatorin Scheeres geht auf Schulbesuch in die Bezirke. Ihre Tour begann sie in Wedding.

Der Aufwand ist klein. Die Senatorin kommt mit einer Referentin, der Dienst-Audi passt in die Parklücke vor der Tür. Immerhin ist die Presse eingeladen, Sandra Scheeres (SPD) möchte also doch zumindest öffentlich machen, dass sie im Abstand von jeweils zwei Wochen Berliner Schulen aller Kategorien besuchen wird, eine Art Azubi-Programm einer Politikerin, die sich ihr Fach erst erarbeiten muss.

Die Wahl der ersten Schule ist eine sichere, nach allen Seiten abgewogene Sache. Die Carl-Kraemer-Grundschule im Soldiner Kiez in Wedding hat einen Migrantenanteil von fast 80 Prozent, über 90 Prozent der Kinder sind von den Lehrmittelkosten befreit, was auf Hartz IV deutet. Aber sie hat dennoch einen guten Ruf – und Schulleiterin Christine Frank ist eine so glühende Verfechterin des umstrittenen jahrgangsübergreifenden Lernens, dass sie das Konzept sogar auf die Klassenstufen 4 bis 6 ausdehnen will. Und die Schule funktioniert als gebundene Ganztagsschule, es bleiben also alle Kinder bis 16 Uhr zusammen.

Das Schülerparlament hat seinen Präsidenten Roberto entsandt, einen freundlichen Jungen, der aus den „Expertengruppen“ berichtet, in denen er gefördert wird. In den Klassenräumen herrscht friedliche Arbeitsatmosphäre, auf den Gängen wird geradezu demonstrativ nicht gelärmt – und es sieht durchaus nicht nach einer Sonderschau für den hohen Besuch aus.

Die Senatorin gibt sich nach einem Gespräch mit Schülern und Lehrern „total begeistert, wie das Konzept der gebundenen Ganztagsschule hier auch gelebt wird“. Eigene Präferenzen oder mögliche politische Richtungsentscheidungen werden aus ihren lobenden Worten nicht deutlich, was aber auch daran liegen mag, dass ihre Sätze relativ häufig aus der Grammatik herausdrängen, im Ungefähren landen und schlecht als Zielprojektionen taugen. Der Satz, dass die Schule „eine weite Spanne an Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten für Kinder“ bereithalte und dass dies eine beachtliche Leistung sei, steht schon in der vorab verteilten Presseerklärung, ist also nicht aktuelles Ergebnis der Inaugenscheinnahme.

Während Christine Frank referiert und ihre Schule im hellsten Licht leuchten lässt, nickt die Senatorin freundlich. Sie wirkt neben der resoluten Schulleiterin fast wie die neue Referendarin, lässt die Hände bisweilen in den sehr langen Jackenärmeln verschwinden und fühlt sich sichtlich am wohlsten, wenn sie sich zu den Kindern beugen und mit ihnen über die Aufgaben sprechen darf. Kontroversen werden nicht deutlich; falls die Senatorin Rückfragen hat, so stellt sie sie nicht in Anwesenheit der Presse. Immerhin: „Wir werden zusätzliche gebundene Ganztagsschulen fördern“, kündigt sie an, „2,5 Millionen Euro stehen uns dafür zur Verfügung, zusätzlich.“ So sind am Ende alle zufrieden mit dem ersten von vielen Schulbesuchen. Bernd Matthies

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