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Berlin: Bitte mit Biss

Kurz nach dem „Tanz der Vampire“ entern „Die Schöne und das Biest“ die Musicalbühne

Er tut es aus Liebe, aber die Angebetete dankt es ihm nicht, zumindest vorerst nicht. Der Mann, der früher mal ein Prinz war, hat die betörende Belle zu sich auf das Schloss bringen lassen, um sie in seiner Nähe zu haben und ihre Zuneigung zu gewinnen. Aber die Dame ziert sich und ist unglücklich, was vielleicht an seinem ungewöhnlichen Äußeren liegen könnte. Der einst attraktive Jüngling ist nämlich verwunschen – und sieht nun aus wie das Ergebnis einer Kreuzung zwischen Rehbock und Waldschrat. Nicht eben die besten Voraussetzungen, um das Herz der puppenhaft Schönen für sich zu gewinnen. Auch wenn die oft zitierten inneren Werte stimmen.

Natürlich findet dann alles doch noch ein gutes Ende, und die knapp 100 ausgewählten Zuschauer, die an diesem Dienstag im Hotel de Rome am Bebelplatz in Mitte bei der Vorschau auf das Disney-Musical „Die Schöne und das Biest“ dabei sein dürfen, erleben zum Abschluss einen glücksberauschten Liebesreigen.

Es ist ein Klassiker, den das Unternehmen Stage Entertainment am 8. März im Theater am Potsdamer Platz zur Aufführung bringen wird. Seit der Uraufführung des Musicals 1994 im Palace Theater in New York haben es mehr als 25 Millionen Zuschauer in 13 Ländern gesehen; zurzeit läuft die Produktion in Oberhausen. Als Grundlage diente der gleichnamige Disney-Film, der 1991 in der Kategorie „Bester Film“ als erster Animationsfilm für einen Oscar nominiert wurde. Für den Titelsong durfte Komponist Alan Menken und Texter Howard Ashman einen Oscar und einen Golden Globe entgegennehmen.

So viel Erfolg verpflichtet natürlich. Deshalb wurde bei der Ausstattung viel Wert auf Details gelegt. Allein die Kostümbildner waren mit den mehr als 100 Outfits der Darsteller gut zehn Monate beschäftigt; für ein goldenes Ballkleid verarbeiteten sie über 30 Meter Spitze und 70 Meter Stoff. Ebenso international wie die bisherigen Stationen des Musicals ist auch die Besetzungsliste der aktuellen Produktion in der Regie von Glenn Casale. Die Darsteller kommen unter anderem aus Großbritannien, Südafrika, Norwegen und den Philippinen. Der Clou: Leah Delos Santos, die die Rolle der Schönen spielt, ist auch privat mit Biest-Darsteller Yngve Gasoy-Romdal liiert. Seit sechs Jahren, und das sei kein Marketing-Gag, wie Pressesprecher Andreas Künne eindringlich versichert.

„Es war unser Wunsch, miteinander zu arbeiten“, sagt Yngve Gasoy-Romdal. Für ihn ist es das erste Mal, dass er mit seiner Lebensgefährtin auf der Bühne steht. Er glaubt, die private Beziehung sei von Vorteil, wenn es um die authentische Darstellung von Gefühlen geht. „Man kennt die Facetten des Partners und kann besser intuitiv aufeinander reagieren.“ Und außerdem sei nun die Telefonrechnung nicht mehr so hoch. Nur eins gibt ihm manchmal zu denken: „Leah sagt, ich sei auch zu Hause ein Biest.“ Da scheint wohl jemand voll und ganz in seiner Rolle aufzugehen.

Nicht ganz aufgehen könnte vielleicht die Rechnung von Stage Entertainment, schließlich macht sich das Unternehmen mit „Die Schöne und das Biest“ selbst Konkurrenz. Schon am 10. Dezember bringt es den „Tanz der Vampire“ ans Theater des Westens, zur Premiere wird Roman Polanski, der Regisseur des zugrundeliegenden Films, erwartet. Dass sich die beiden Aufführungen gegenseitig die Zuschauer abjagen könnten, glaubt der Geschäftsführer jedoch nicht. „Bei der einen Produktion steht der Märchencharakter im Vordergrund, die andere ist eher fantasyorientiert“, sagt Ulf Dewald. Außerdem würden sich die Produktionen musikalisch unterscheiden: Während „Die Schöne und das Biest“ klassisch unterlegt ist, präsentiert sich der „Tanz der Vampire“ eher rocklastig. „Man kann sich also beides anschauen.“

In Anbetracht der beiden Produktionen könnte man allerdings auch auf eine andere Idee kommen: Wenn die Realität schon trist und trüb ist, scheinen sich die Menschen wohl lieber in die Fantasie flüchten zu wollen. Vielleicht auch deshalb die zwei Musicals? Nein, wiegelt Ulf Dewald ab. „Das ist kein spezieller Reflex auf die aktuelle politische Situation hier in Berlin.“ Vielmehr sei die Ablenkung, die Flucht in die Fiktion „ein Grundbedürfnis, wenn es um Unterhaltung geht“.

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