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Symbolbild Kritik am Gendern: Buchstabenwürfel zeigen die Aussage Ich gendere nichts.

© picture alliance / CHROMORANGE/Udo Herrmann

Bitte neutral bleiben: Gendern wird zum Politsymbol höchsten Ranges

Die Klage eines Berliner Vaters zeigt, dass es rechtlichen Regelungsbedarf im Streit um sprachliche Gepflogenheiten gibt. Die Richter stehen nun in der Verantwortung.

Ein Kommentar von Bernd Matthies

Auf den ersten Blick wirkt es absurd, dass sich nun schon Berliner Verwaltungsrichter mit der Gendersprache auseinandersetzen müssen. Es mag in der Tat wichtigere Problem der Rechtsfindung geben – nur ist hier längst aus einer scheinbaren Sprachbagatelle ein politisches Symbol höchsten Ranges geworden, an dem die Auseinandersetzung um ein ganzes Weltbild hängt.

Wer gendert, so scheint es bisweilen, der hängt auch der woken Lebenshaltung an, kämpft gegen das zweigeschlechtliche Weltbild der Biologie und bejaht die Thesen des Postkolonialismus, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Ein Bekenntnis – und das rote Tuch für die Gegner im anderen Lager, die vom „Genderwahn“ tönen und das Sternchen zum Gesslerhut stilisieren – sich umgekehrt allein deshalb schon als rechtsradikal angeprangert finden und gegebenenfalls der Amadeu-Antonio-Stiftung gemeldet werden. Drunter geht es kaum noch.

Ein hoch angesiedelter Meinungskampf findet im Gendern seine offensichtlichste Ausprägung. Sache des Staates wäre es deshalb, zur Beruhigung der Gemüter beizutragen und sich aus der – völlig legitimen – persönlichen Entscheidung pro oder contra Gendern herauszuhalten. Er wäre auch kaum in der Lage, den Winkelzügen der zunehmend aufgeregteren Diskussion zu folgen.

An der Rolle der Schule knüpft die Klage des Berliner Vaters an. Sie zielt offenbar darauf, dass seinem nicht gendernden Sohn massive Nachteile erwachsen.

Lehrer agieren, folgt man seinen Argumenten, als Aktivisten, statt im Meinungsstreit als Moderatoren und Wissensvermittler aufzutreten, sie setzen ihre politisch-ideologische Position absolut und bewerten abweichende Meinungen als falsch – womöglich mit Folgen auf dem Zeugnis. Aus mancher Universität ist längst Ähnliches zu hören.

Diese Position, die es zweifellos da und dort gibt, hat beim Gendern nicht den Rückhalt der aktuellen Lehrpläne. Und sie untergräbt das Prinzip der allgemeinen Gültigkeit der Duden-Rechtschreibung. Kein Problem, möchte man meinen, denn der massive politische Druck dürfte Duden und Rechtschreibrat sicher bald zum Nachgeben zwingen.

Doch gerade deshalb wäre es dringend, dass die Berliner Verwaltungsrichter klarstellen, wie die Schule sich aktuell zu verhalten hat. Nicht zu vergessen: Die große Mehrheit der Deutschen lehnt das Gendern ab.

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