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Schön wär’s gewesen. Architekt Meinhard von Gerkan (l-r), Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und (noch) Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck (beide SPD) enthüllten am 09.06.2011 in Berlin am Flughafen Tegel ein Plakat des neuen Hauptstadt-Airports BER in Schönefeld. Die Sache mit dem Juni 2012 hat bekanntlich nicht geklappt.

© picture alliance / dpa

Black Box BER: Von Gerkans Buch erscheint mit unverändertem Text

Architekt von Gerkan wollte sein kritisches, im Zorn geschriebenes BER-Buch entschärfen. Inzwischen sind die Wogen geglättet, doch nun erscheint es ohne Änderung – gegen seinen Willen.

Erst hat er – im Zorn – ein Buch geschrieben, jetzt wird es – nach der Versöhnung – gegen seinen Willen veröffentlicht. Meinhard von Gerkan, dessen Büro gmp den BER-Flughafen geplant hat, hat zwar versucht, das Ausliefern des 160 Seiten-Buches „Black Box BER - Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen“ am Freitag erneut zu verschieben, der Bastei-Lübbe-Verlag bleibt aber beim vorgesehenen Termin.

Gerkan: Kein Konzept, nur unstillbares Verlangen

Gerkan hatte das Buch verfasst, nachdem sein Planungsteam im vergangenen Mai von der damaligen Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg gefeuert worden war. In ihm wollte er aus seiner Sicht darlegen, warum es so schwierig ist, Großprojekte in Deutschland erfolgreich auszuführen. Der Flughafen hatte den Planern mangelhafte Arbeit vorgeworfen, die dazu geführt habe, dass der vorgesehene Eröffnungstermin 3. Juni 2012 nicht zu halten war. Eine Klage auf Schadenersatz folgte.

Unter dem Eindruck der seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Kündigung und Klage hatte Gerkan kräftig losgewettert: Der Bauherr, also die Flughafengesellschaft, scheine sich „in einem märchenhaften Zeitfenster bewegt zu haben,“ schreibt Gerkan. „Kein Konzept, nur unstillbares Verlangen,“ das zu 487 Änderungen und Anordnungen bei den Plänen geführt habe. Der BER-Flughafen sei danach zu einer „Einkaufsmall mit Flughafenanschluss verkümmert.“

Weiter schreibt er von „Wunschdenken, Hang zum Optimismus, Realitätsverweigerung“, von einer „selbst gemachten Katastrophe“ und der „Willkür politisch verordneter Terminsetzungen mit schwerwiegenden Kostenkonsequenzen.“ Die Architekten hätten sich gegenüber dem Bauherren in einer Situation wie gegenüber einer „Black Box“ befunden, heißt es in dem Buch weiter.

Geglättete Wogen zwischen Gerkan und Mehdorn

Nachdem aber auch der damalige Flughafenchef Rainer Schwarz, der die Kündigung veranlasst hatte, im Januar gehen musste, glättete Gerkan mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn die Wogen. Das Erscheinen des schon für Mai angekündigten Buches wurde verschoben, die Klage ruhend gestellt; und Mehdorn holte sogar einige der von seinem Vorgänger geschassten Architekten des Gerkan-Teams in seine Mannschaft zurück.

Gerkan wollte nach Tagesspiegel-Informationen den Text jetzt aktualisieren und um das für ihn nun gut laufende Kapitel „Mehdorn“ mit einem positiven Aspekt ergänzen. Durch das Erscheinen der alten Version sollte kein zusätzlicher Ärger erzeugt werden. Gerkans Büro wollte sich dazu am Montag nicht äußern. Dem Verlag sei es wichtig, mit dem Veröffentlichen jetzt einen Beitrag zur aktuellen Diskussion zu leisten, sagte Ragna Sieckmann vom Bastei-Lübbe-Verlag. Da der BER noch auf Jahre ein Thema sein werde, könne man nicht warten, bis jede aktuelle Änderung sich auch im Buch niederschlage.

Streitthema: BER-Eröffnung im Kleinformat oder Komplettumzug

Pikant ist, dass es nun ausgerechnet am Tag der nächsten Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrats erscheinen wird. Erste Exemplare zur Besprechung sind bereits verschickt, und möglicherweise erhielten einige Buchhandlungen die Erstausstattung auch schon am Donnerstag, sagte Sieckmann.

Im Mittelpunkt der Aufsichtsratssitzung wird das Buch aber nicht stehen. Das Gremium muss vor allem versuchen, im internen Streit bei der Flughafengesellschaft zu vermitteln. Chef Hartmut Mehdorn und sein Vize Horst Amann sind, wie berichtet, heftig aneinandergeraten. Sie haben unterschiedliche Konzepte entwickelt, wie der BER schrittweise betriebsbereit gemacht werden könnte. Mehdorn ist für einen Start im Kleinformat vom Nordpier aus, der für Billigfluglinien vorgesehen ist. Kosten für den Aus- und Umbau: Fünf Millionen Euro. Amann plädiert für einen Komplettumzug der Fluggesellschaften vom bisherigen Bereich in Schönefeld zum Nordpier. Weil dieses dafür zu klein wäre, sollten Ersatzbauten geschaffen werden, deren Kosten mit 16 Millionen Euro veranschlagt sind.

Mehdorn hat offen für Ablösung Amanns plädiert

Mehdorn und Amann haben sich allerdings auch vorher nicht verstanden. Mehdorn hat bereits mehr oder weniger offen die Ablösung Amanns gefordert, der erst vor einem Jahr geholt worden war – mit einem Vertrag bis Sommer 2017. Ein vorzeitiges Ausscheiden würde Amann eine deftige Abfindung bescheren, die sich an seinem Gehalt orientieren würde, das bei knapp 300 000 Euro im Jahr liegt. Sein geschasster Vorgänger Manfred Körtgen hatte – bei einer kürzeren Vertragslaufzeit – 193 000 Euro als Abfindung erhalten. Wie viel der Flughafen noch an Rainer Schwarz zahlen muss, der zunächst bei vollen Bezügen mehrere Monate freigestellt war und dann erst die Kündigung erhielt, steht noch nicht fest.

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