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Teile einer Insel sind in den Senftenberger See abgerutscht. Jetzt ragen nur noch die Bäume aus dem Wasser hervor. Teile des Sees sind gesperrt worden.

© Steffen Rasche/dpa

Brandenburg: Tourismusanbieter in Senftenberg bangen um ihre Existenz

Einst war es ein Braunkohle-Tagebau, nun lockt der Senftenberger See Urlauber an. Doch plötzlich ist eine Insel verschwunden – mit schweren Konsequenzen.

Von Sandra Dassler

„Wenn das mitten in der Saison passiert wäre, bliebe mir nur das Arbeitsamt“, sagt Klaus Brinschwitz. Wut schwingt in seinen Worten mit – und Sorge. Denn einpacken kann – oder besser gesagt muss – der Leiter der mehrfach ausgezeichneten Wassersportschule am Senftenberger See schon jetzt. Seit in der vergangenen Woche ein Teil der Insel im Senftenberger See ins Rutschen gekommen war, wurde der westliche Seenbereich in der Niemtscher Bucht komplett gesperrt.

Was sich in Pressemitteilungen so harmlos anhört, bedeutet für viele Menschen, die vom Tourismus am Senftenberger See leben, eine Katastrophe. Allerdings eine vorhersehbare – und das bringt einige in Rage.

„Zu DDR-Zeiten, als man den ehemaligen Braunkohletagebau flutete, hat man die Insel einfach stehen lassen“, erzählt Klaus Brinschwitz: „Dann hatten die Umweltschützer die Hände drauf – angeblich gab es da seltene Tiere. Als sich herausstellte, dass dies nur ein paar Kaninchen waren, ging es plötzlich um Kleinstlebewesen und als Bergbausanierer im Frühjahr darauf hinwiesen, dass die Insel rutschungsgefährdet sei, sprach man von seltenen Pflanzen.“ All das habe dazu geführt, dass die notwendigen Sicherungsmaßnahmen nicht vorgenommen, sondern immer wieder verschoben wurden, meinen viele Senftenberger.

Die Rutschung war längst befürchtet worden

Ganz so einfach sei die Sache aber nicht, heißt es aus Potsdamer Naturschützer-Kreisen. Zwar stimme es, dass die Insel auch nach vielen Jahren noch in Bewegung und deshalb nicht sicher sei. Es stimme aber auch, dass sich gerade wegen des daraus resultierenden Betretungs- und Annäherungsverbots dort seltene und besonders schützenswerte Tier- und Pflanzenarten erhalten haben.

Experten hätten auf dem 347 Hektar großen Eiland unter anderem den Europäischen Strandling entdeckt, eine immergrüne Pflanze, die bis zu zwölf Zentimetern groß wird. Bislang hatte auch der Zweckverband Lausitzer Seenland das Zusammengehen von Naturschutz und Tourismus gelobt, doch in diesem Jahr war es erstmals zu Konflikten gekommen. Bereits im Frühjahr waren die Sperrbereiche für Boote und Surfer rund um die Insel vergrößert worden. Schon damals hatte man Rutschungen befürchtet, weil Untiefen, also mehr oder weniger große Sandbänke, entstanden waren.

Einige Experten führen das auf die heftigen Stürme des vergangenen Jahres zurück, durch die das Eiland regelrecht unterspült worden sei. Die Schifffahrt auf dem See war durch die großen abgesperrten Wasserflächen deutlich eingeschränkt – und konnte zudem nicht pünktlich in die Saison starten, weil die Bojen nicht rechtzeitig ausgelegt wurden. Segler mahnen zudem die erhöhte Unfallgefahr durch die immer kleinere Fläche, auf der sie ihren Sport ausüben können, an.

LMBV: „Wir sind derzeit zweimal täglich vor Ort“

Uwe Steinhuber, Sprecher der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) sagt, man könne die Untiefen mit dem Schwimmbagger abtragen und die Insel so sichern, dass keine Gefahr von ihr ausgehe. „Wir sind derzeit zweimal täglich vor Ort, betreiben ein intensives Monitoring und werden dann entscheiden müssen, wie es weitergeht – selbstverständlich in Abstimmung mit den Naturschützern und den Politikern vor Ort“, sagte Steinhuber am Sonntag dem Tagesspiegel. Das könne aber nicht in kurzer Zeit geschehen.

Auch deshalb ist Klaus Brinschwitz froh, dass die Saison fast vorbei ist. „Ich arbeite hier seit 21 Jahren, habe an schönen Tagen, wie sie jetzt wieder angekündigt sind, etwa zehn Tretboote, 15 bis 20 Standup-Paddelboote und 20 bis 30 Surfbretter von 10 bis 19 Uhr draußen. Und meine Verluste ersetzt mir niemand.“ Ähnlich ergeht es den Betreibern der umliegenden Pensionen und Restaurants oder des Fünf-Sterne-Komfort-Campingplatzes.

Fast noch mehr sorgen sie sich allerdings darum, dass die gesamte Insel abrutschen könnte. Denn die Instabilität kann auch durch den sinkenden Wasserspiegel im See verstärkt worden sein. Der wiederum entstehe dadurch, dass Wasser in die Schwarze Elster abgegeben werde – und durch die anhaltende Trockenheit, sagt Klaus Brinschwitz: „Ein Abrutschen der gesamten Insel hätte einen Mini-Tsunami mit einer Flutwelle von etwa eineinhalb Metern Höhe zur Folge. Die würde nicht nur am Ufer spielende Kinder, gefährden, sondern auch den neuen Senftenberger Hafen zerstören.“

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