zum Hauptinhalt
Neue Netzwerke: Designerin Malaika Raiss (Mitte) mit Brands4Friends-Chef Bjorn Kvarby und einem Model auf ihrer Aftershow-Party

© Doris Spiekermann-Klaas

Brands4Friends, Zalando & Co.: Wie Onlineshops die Modeszene aufmischen

In der Mode bröckeln die Umsätze. Und in Onlinestores fehlt es an Glanz. Immer öfter gehen Designer und E-Commerce-Unternehmen daher Allianzen ein. Das verändert zunehmend die Branche.

Ohne Show geht es nicht. Als Malaika Raiss ihre Frühjahr-/ Sommerkollektion 2014 auf der Fashion Week präsentiert, drängen sich die Zuschauer. Aus den Boxen pöbeln die Beastie Boys. Über den Laufsteg schweben im Kontrast die Models wie Engel. Fließende Seide bietet Malaika Raiss in femininer Handarbeit an. Die Farben Rosa, Pfirsich und Weiß dominieren, abgegrenzt von einem kräftigen Blau. Es ist ein verlässlicher Look, elegant und dennoch träumend – das Publikum ist begeistert.

Die Berlinerin Malaika Raiss ist seit ihrem Debüt 2011 eine verlässliche Konstante auf der Fashion Week. Doch in diesem Jahr ist etwas anders: Raiss hat ihre Kollektion gemeinsam mit dem Onlineshop Brands4Friends auf die Beine gestellt. Das Unternehmen hilft bei der Produktion und Logistik, richtet Events rund um die Kollektion aus und rührt für Malaika Raiss die Werbetrommel. Als Gegenleistung entwirft die Designerin eine exklusive Accessoire-Linie, die im Herbst auf der Brands4Friends-Seite präsentiert wird – und stellt Teile ihre Kollektion zum Vorabkauf zur Verfügung.

„Natürlich ziele ich auf eine neue Käuferschaft“, sagt Raiss dem Tagesspiegel. Das Netzwerk von Brands4Friends umfasst fünf Millionen Nutzer. Welche Stücke gut ankommen, kann die Designern nun unmittelbar zurückverfolgen: „Das ist direktes Feedback auf meine Arbeit.“ Die Kooperation zwischen Modedesignern und E-Commerce-Unternehmen ist nicht neu – schon im vergangenen Jahr präsentierten Kaviar Gauche mit Zalando eine exklusive Kollektion – doch neu ist, wie eng sich nun beide Seiten vernetzen. Brands4Friends will Malaika Raiss ins Netz heben, die Designerin wiederum soll dem digitalen Modeleben ein bisschen Realität einhauchen.

Händler wie Zalando, Fab.com oder Brands4Friends wollen auf dem Modemarkt ernst genommen werden. Der Modemarkt wiederum schielt auf neue Vertriebswege im Netz: Vielleicht lässt sich dort besser verkaufen, was in den Läden hängen bleibt. Denn fast alle großen Designer erlebten im ersten Halbjahr Umsatzeinbußen. Im wichtigsten Saisonmonat März verzeichnete die Textilbranche gar ein Minus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Tendenz unter den Designern gehe Richtung Online, sagt auch Malaika Raiss. „Zwar muss ich auch weiterhin auf der Fläche präsent sein und den Kontakt zu Retailern halten - doch mich im Netz darzustellen, ist jetzt genauso wichtig.“ Der Onlinehändler Brands4Friends indes hatte Raiss nicht in einer Ausschreibung gecastet, sondern die Designerin bewusst angesprochen. „Ihre Mode ist zeitlos und elegant“, sagt Sara Gerdes, die die Kooperation betreut. Das passe perfekt auf die Kundschaft von Brands4Friends. Nicht ganz unwichtig dürfte auch gewesen sein, dass Raiss bereits mit einem funktionierenden Unternehmen am Markt positioniert ist - und so für rückläufige Aufmerksamkeit sorgen kann.

Aufmerksamkeit zieht auch bei anderen. Erst am Mittwoch gab der Elektronikriese Apple bekannt, Paul Deneve für „Spezial-Projekte“ zu verpflichten. Deneve arbeitete bereits in den Neunzigern für Apple, ging dann jedoch zu Yves Saint Laurent. Jetzt kehrt Deneve zurück; Beobachter hoffen auf „iMode“ aus Cupertino.

Und auch – wenn auch mit kleinerem Kaliber – auf der Streetwear-Messe Bread & Butter, die derzeit im Tempelhof gastiert, wird an der Mode 2.0 gearbeitet. Erstmals bieten die Veranstalter ein Trendforum an, auf dem sich junge Start-Ups präsentieren. Die Messeleitung um Karl-Heinz Müller entwickelt zudem derzeit eine Homepage in einer Mischung aus sozialem Netzwerk und Infoblog. Anstatt Einkäufern und Herstellern nur zwei Mal im Jahr die Chance auf eine Messe zu geben, solle nun eine digitale Version der Bread & Butter ganzjährig für Vernetzung sorgen.

Ginge es nach Fab-Gründer Jason Goldberg, könne man auf die Messen und Modeschauen komplett verzichten: „Es gibt keine Notwendigkeit, diesen ganzen Modezirkus mitzumachen.“ Goldberg hat gemeinsam mit Bradford Shellhammer 2010 den amerikanischen Onlinehandel Fab.com gegründet. Die Plattform bietet exklusive und individuelle Designerstücke. Den Schwerpunkt bilden Möbel und Einrichtungsgegenstände, das Modesegment stellt ein Viertel der Produkte. „Junge Designer sind bei uns besser aufgehoben als wenn sie sich draußen selbst durchkämpfen müssten“, sagt Goldberg dem Tagesspiegel. Gut 15000 Kreative entwerfen Produkte für Fab. Und eine bessere Aufmerksamkeit würden sie nirgends bekommen: „Wir sind der neue Laufsteg!“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false