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Berlin: Brüder, zur Sonne!

20 000 Gewerkschafter ziehen vor das Brandenburger Tor Berlins DFB-Chef Dieter Scholz fordert ein drittes Konjunkturpaket

Für alle etwas – Steaks, Bier und Trillerpfeifen für die Großen; Hüpfburgen, Eis und Luftballons für die Kleinen: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte unter dem Motto „Arbeit für alle – bei fairem Lohn“ zur traditionellen Mai-Kundgebung geladen. Zunächst zogen mehrere tausend Gewerkschafter auf drei Routen vom Wittenbergplatz zum Brandenburger Tor. Tausende marschierten zu Fuß; daneben gab es einen Motorrad- und Fahrradkorso. Unter den Motorradfahrern fanden sich viele Polizisten; Verdi-Mitglieder bevorzugten dagegen die Rad-Demonstration.

Am Brandenburger Tor sprach der Berliner DGB-Chef Dieter Scholz vor 20 000 Teilnehmern von einer „Systemkrise“ und forderte mehr Druck auf die Politik. Nach Einschätzung des Gewerkschaftsbundes bricht derzeit die „marktradikale Wirtschaftsordnung“ zusammen, die seit 30 Jahren als Neoliberalismus bezeichnet werde. Bei der jetzigen Situation handele es sich nicht um eine „banale Finanzkrise, sondern um eine Systemkrise“. Scholz fügte hinzu: „Nichts kann so bleiben, wie es war.“

Nach der Kundgebung fand am Brandenburger Tor ein Infomarkt sowie ein Kinder- und Familienfest statt. Auf dem Programm standen auch Kabarett und Musik. Während Scholz schließlich ein drittes Konjunkturpaket und eine andere Arbeitsmarkpolitik forderte, sagte die Verdi-Chefin von Berlin und Brandenburg, Susanne Stumpenhusen, zur selben Zeit in Frankfurt (Oder), die Wirtschaftskrise sei keine Naturgewalt. Worunter die Menschen jetzt litten, sei „Folge eines entfesselten Finanzkapitalismus“.

Nach den Kundgebungen am Vormittag hatten Verdi, das Arbeitslosenzentrum und Kirchenvertreter zu einem gemeinsamen Gottesdienst in die St. Marienkirche am Alexanderplatz geladen. Die Kanzel wollte sich der Gemeindepfarrer mit Stumpenhusen teilen. Die Kollekte geht an das Arbeitslosenzentrum. Aufgerufen wurde am Freitag auch dazu, sich an den Protesten in zwei Wochen zu beteiligen. Am 16. Mai, dem europäischen Aktionstag der Gewerkschaften, werden tausende Arbeitnehmer erwartet, die vom Hauptbahnhof und dem Breitscheidplatz durch die Innenstadt zur Siegessäule ziehen wollen.

Bundesweit sollen den DGB-Angaben zufolge fast 500 000 Menschen die rund 400 Gewerkschaftskundgebungen besucht haben. Mehr Kollegen als im vergangenen Jahr folgten den Aufrufen der Gewerkschaften trotz Wirtschaftskrise aber nicht. Linke Gewerkschafter machten die „halbherzige Mobilisierung“ der DGB-Führung dafür verantwortlich, dass man die „Chance auf Massenproteste“ ungenutzt habe verstreichen lassen. Zahlreiche Gewerkschafter waren am Freitag offenbar auch nach Köpenick gefahren, um dort gegen die rechtsextreme NPD zu protestieren.

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