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Absperrungen nach dem Terroranschlag am Breitenbachplatz am 19. Dezember 2016.

© Michael Kappeler/dpa

Update

Anis Amri chattete mit „IS-Mentor“: Bundesanwalt distanziert sich von „Einzeltätertheorie“

Die Bundesanwaltschaft sucht weiter nach Mitwissern des Breitscheidplatz-Anschlags. Das Wohnhaus von Angela Merkel soll kein Anschlagsziel gewesen sein.

Von Sabine Beikler

Nach Aussage des Bundesanwalts Thomas Beck im Untersuchungsausschuss zum Breitscheidplatz-Anschlag soll der Attentäter Anis Amri bis kurz vor der Tat Kontakt zu einem „IS-Mentor“ im Ausland gehabt haben. Zwar habe er am 19. Dezember 2016 allein gehandelt, den Lkw gekapert und auf den Weihnachtsmarkt gelenkt, chattete aber zuvor regelmäßig mit dem Mann namens Mouadh Tounsi. Darum sei Amri kein Einzeltäter im juristischen Sinne, erklärte Beck am Freitag. Die Bundesanwaltschaft ist immer noch auf der Suche nach möglichen Mitwissern des Anschlags, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen.

Diese Informationen erhielt die Bundesanwaltschaft durch das bei dem Tat-LKW gefundene HTC-Handy, das Amri zugeordnet wurde. Im November 2016 bekam Amri von diesem Mentor per Telegram-Messenger ein Dokument mit dem Titel „Die frohe Botschaft zur Rechtleitung für diejenigen, die Märtyrer-Operationen durchführen“ zugesandt.

Beck betonte, dass es keine Hinweise gebe, dass Amri bei der Durchführung des Anschlags „weitere Personen an der Seite hatte“. Er sei auch immer allein am Friedrich-Krause-Ufer unterwegs gewesen und habe abgestellte LKW beobachtet. Die Bundesanwaltschaft hat aber auch noch offene Fragen: Warum war Amri vor dem Anschlag in der Fussilet-Moschee? „Möglicherweise war eine Waffe da gebunkert“, mutmaßte Beck. Ebenso wenig ist den Ermittlern bekannt, wie Amri in den Besitz der Tatwaffe kam, mit der er dem polnischen LKW-Fahrer einen tödlichen Kopfschuss versetzte. Die Sicherheitsbehörden konnten auch noch nicht klären, wie ein Videoclip von Amri zu der sogenannten Nachrichtenagentur des IS, Amaq, kam. Das Video, in dem Amri unter anderem dem IS seine Treue schwur, veröffentlichte Amaq einige Tage nach dem Attentat.

Merkels Wohnhaus soll kein geplantes Anschlagsziel gewesen sein

Der gebürtige Tunesier Amri war Teil der salafistischen Szene, er hatte Kontakte im Umfeld des Abu Walaa. Vor zwei Jahren begann der Prozess in Celle gegen den mutmaßlichen IS-Repräsentanten in Deutschland und vier Mitangeklagten. Sie sollen junge Menschen radikalisiert und in Kampfgebiete des IS geschleust haben. „Amri war nicht der einsame Wolf, sondern hat im Zusammenhang mit der salafistischen Szene gehandelt“, sagten die Ausschussmitglieder am Freitag unisono.

Beck wies Berichte zurück, wonach Amri auch das Wohnhaus von Bundeskanzlerin Angela Merkel als mögliches Anschlagsziel ausgespäht haben könnte, als wenig realistisch zurück. „Wir haben dafür keine konkreten Anhaltspunkte. Ob das Anschlagsziele waren, ist weitgehend Spekulation“, sagte der 63-jährige Jurist in Bezug auf einen Bericht des ARD-Politikmagazins „Kontraste“. Dem Bericht zufolge hatte das Bundeskriminalamt in einem Vermerk diese Tatsache nicht erwähnt, sondern lediglich das in Nachbarschaft zu Merkels Wohnhaus Am Kupfergraben liegende Magnus-Haus als Sitz der Deutschen Physikalischen Gesellschaft beschrieben.

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