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Berlin: Cabrio weckte Verdacht

Anzeige gegen früheren Sozialmanager wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten.

Erneut wird gegen einen Manager aus der Sozialbranche ermittelt – wegen Untreue und Bestechlichkeit. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft. Seit dem 6. September laufen die Ermittlungen gegen Helmut Forner, den stellvertretenden Vorsitzenden des paritätischen Wohlfahrtsverbandes und früheren Geschäftsführer der Nordberliner Werkgemeinschaft (NBW). Forner selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Forner leitete bis zum März 2012 die Geschäfte der Nordberliner Werkgemeinschaft (NBW). Der jetzige Geschäftsführer Andreas Bode bestätigte die Anzeige gegen seinen Vorgänger. Prüfern seien Unregelmäßigkeiten bei Transaktionen aufgefallen, hatte zuvor die „Morgenpost“ berichtet. Die Prüfer hatte stutzig gemacht, dass Forner nach seinem Ausscheiden aus der NBW seinen Dienstwagen, ein teures Volvo Cabriolet, zu einem unüblich niedrigen Preis kaufte – und zusätzlich einen Rabatt von 16 Prozent erhielt. Einmal misstrauisch geworden, forschte die NBW weiter. Über nicht bezahlte Rechnungen und überteuerte Mietzahlungen soll der NBW nach Aussage von Geschäftsführer Bode möglicherweise ein Schaden von mehreren hunderttausend Euro entstanden sein.

Im Fall des sehr günstig gekauften Dienstwagens wurde die Prokuristin der NBW mittlerweile entlassen. Wie NBW-Chef Andreas Bode, der als Forners Nachfolger die Geschäfte seit dem Frühjahr leitet, berichtet, klagt die Frau auf Wiedereinstellung. „Bei der Schwere der Vorwürfe können wir uns das allerdings nicht wirklich vorstellen.“ Mehr als 20 Jahre arbeitete die Frau bei der NBW. Nach ihrer Kündigung sind derzeit nur noch fünf Menschen in der Geschäftsstelle beschäftigt, wie Bode berichtet. Ein erster Termin vor dem Amtsgericht endete im Oktober ohne Einigung. Was aus der ehemaligen Angestellten wird, soll sich laut Bode bei der Hauptverhandlung vor dem Arbeitsgericht im April 2013 entscheiden.

Die Gesellschafter der NBW treffen sich an diesem Donnerstag zu einer außerplanmäßigen Sitzung, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Volker Billhardt, der für das Berliner Rote Kreuz als Mitgesellschafter der NBW an der Sitzung teilnehmen wird, sagt: „Die Vorwürfe müssen aufgeklärt werden. Das ist natürlich unangenehm für Betroffene. Aber nach den Skandalen der Vergangenheit sind wir der Meinung, dass Transparenz das Gebot der Stunde ist.“ Auch die sogenannte Maserati-Affäre um Treberhilfe-Chef Harald Ehlert hatte mit dessen teurem Dienstwagen angefangen.

Oswald Menninger, Geschäftsführer des paritätischen Wohlfahrtsverbandes, verteidigte Forner gegenüber dem Tagesspiegel. „Wir hätten uns gewünscht, dass man Herrn Forner vor einer Anzeige die Möglichkeit gegeben hätte, die Anschuldigungen selber zu widerlegen“, sagte Menninger. Nach seiner Ansicht ist Forner das Opfer einer Vorverurteilung. „Gerade, weil in einem Rechtsstaat die Unschuldsvermutung gilt, hätte der Verband hier mehr Sorgfalt und ein faires Verfahren erwartet“, hieß es in einer Erklärung des Verbands. So seien insbesondere überhöhte Mietzahlungen mittlerweile ein Problem, mit dem viele soziale Dienstleister zu kämpfen hätten.

Forner ist kein Unbekannter in der Berliner Sozialwirtschaft. Als er im März 2012 bei einem Festakt im Roten Rathaus in den Ruhestand verabschiedet wurde, war auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU) anwesend – und dankte Forner für sein langjähriges Engagement. Zu den Vorwürfen will sich der Senator nicht äußern. Und auch mögliche Beratungen durch Forner, der als Teilnehmer des „Kompetenzkreises Gesundheit und Pflege“ bei Terminen mit dem Senator zusammentraf, relativiert Czaja. Es habe sich lediglich um einen „Gesprächskreis“ gehandelt. „Herr Forner war ab und zu dabei, wenn beispielhafte Projekte der Gesundheits- und Pflegeversorgung besucht wurden“, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung dem Tagesspiegel.

Die Senatsverwaltung für Soziales und Gesundheit ist auch der größte Geldgeber der Nordberliner Werkgemeinschaft NBW. Rund 60 Prozent des Jahresetats von gut 15 Millionen Euro stammen vom Land Berlin. Weitere Gelder kommen von der Arbeitsagentur oder werden von der NBW selbst erwirtschaftet. Hierzu zählen auch die Gelder, die die NBW aus Stiftungen erhält. Tiemo Rink

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