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Berlin: Clubs der offenen Türchen

Trashige Weihnacht war gestern. Heute laden die Berliner Szeneläden zur Party nach der Bescherung

Weihnachten gilt als das Fest der Familie. Das sagen nicht nur gläubige Traditionalisten, sondern auch Berlins Clubbetreiber. Nach der Bescherung an Heiligabend öffnen viele von ihnen die Türen. Auf Kundschaft müssen sie nicht lange warten, denn insbesondere junge Menschen suchen nach dem gemeinsamen Mahl mit den lieben Verwandten die Abwechslung im Nachtleben – und vielleicht auch die Möglichkeit, die überflüssigen Kalorien wieder abzutanzen.

„Weihnachten hat bei uns eine lange Tradition“, sagt Joseph, Marketingmanager des 90 Grad. Am 24. Dezember kämen in dem Club an der Dennewitzstraße 37 in Schöneberg sowohl Menschen zusammen, die in Berlin keinen familiären Anhang haben, als auch die, die sich dem konventionellen Festtagsreigen entziehen wollen. So habe sich über die Jahre ein fester Kreis an weihnachtlichen Stammgästen gebildet. „Viele kennen sich mittlerweile untereinander und freuen sich auf den gemeinsamen Abend.“ Ein bisschen festlich darf dieser aber schon sein. Und deshalb ist das 90 Grad zur diesjährigen „Christmas Bunny Party“ weihnachtlich dekoriert, so wie auch das Personal, das sich mit der fast schon obligatorischen rot-weißen Zipfelmütze und darunter befindlichem sexy Outfit in Schale schmeißt.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Als trashige Gegenveranstaltungen wie noch vor Jahren sind die Partys heutzutage nicht mehr konzipiert. Vorbei zum Beispiel die Zeiten, in denen im (mittlerweile geschlossenen) Kurvenstar am Hackeschen Markt der Clubbetreiber zur „Scheiß-Geschenke-Tauschbörse“ einlud und die Gäste selbst gestrickte Wollpullis mit unkleidsamen Rentiermotiven gegen Heino-CDs eintauschten. Und auch im Sage Club an der Köpenicker Straße 76 in Mitte versteht sich die Party mit dem bemüht witzigen Titel „Highnachten“ nicht als Aufforderung zum Konsum vermeintlich bewusstseinserweiternder Drogen. Er ist eine Anlehnung an das Berliner House-Label Highgrade, das für den Abend seinen Künstler Sven Brede abstellt.

Weihnachten komplett doof finden und ignorieren, wäre für Berlins Clubbetreiber also zu einfach. Partymacher Bob Young will mit der Feiertagsauflage seines GMF im Café Moskau in Mitte deshalb auch etwas Gutes tun: Er organisiert eine Spendenaktion. Dafür lässt er im gläsernen Foyer des Clubs an der Karl-Marx-Allee 34 einen Tannenbaum aufstellen. Für die Dekoration sollen die Gäste sorgen: indem sie Weihnachtssterne für je drei Euro kaufen und an die Zweige hängen. Das durch die Aktion eingenommene Geld geht an das gemeinnützige Wohnprojekt ZIK, das unter anderem in der Reichenberger Straße 130 in Kreuzberg HIV-infizierte Menschen betreut. Aber auch für Musik ist gesorgt. DJ Divinity legt Disco-House auf.

Natürlich gibt es auch die Weihnachtspilger, also Menschen, die das Fest der Liebe gern in der Fremde verbringen. Einer dieser Pilger ist Grand Wizzard Crazy Cuts. Der HipHop-DJ lebt in New York und verbringt den Heiligabend nun auf Einladung der Betreiber im Cassiopeia an der Revaler Straße 99 in Friedrichshain. Vielleicht wird er sich bei der Gelegenheit mit seinem DJ-Kollegen Harris, einer Hälfte des Berliner Rap-Duos Spezializtz, über die unterschiedlichen Weihnachtsbräuche in den USA und Deutschland unterhalten. Wahrscheinlicher aber ist, dass sich beide ganz der Unterhaltung ihrer Gäste widmen. So gehört sich das nämlich, beim Fest der Familie.

Informationen zu Partys während der Feiertage unter www.zitty.de, www.nachtagenten.de oder www.berlin4fun.com

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