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Berlin: Das Netz wird Zug um Zug ausgedünnt

Verkehrsverbund legt Qualitätsbilanz vor: Fahrgäste sind zufrieden, doch drohen weitere Einsparungen

Der Personalabbau der Bahn gefährdet die Qualitätsstandards im öffentlichen Nahverkehr. Zudem müssen die Fahrgäste in Berlin und Brandenburg künftig mit deutlich weniger Zugverbindungen zurechtkommen, weil die beiden Länder 60 Millionen Euro einsparen müssen. Diese düstere Prognose zog gestern der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, bei der Vorstellung der ersten Qualitätsbilanz. Dazu waren im vergangenen Jahr knapp 3000 Fahrgäste befragt worden. Zudem liefern 330 Freiwillige (so genannte Qualitäts-Scouts) regelmäßig Berichte. Diese Qualitätskontrolle soll nun jährlich veröffentlicht werden. Das Ergebnis der ersten Analyse ist positiv: Die Pünktlichkeit aller Züge stieg von 90 auf 93 Prozent im Jahr 2005. Dies bedeute jedoch, dass sieben von 100 Zügen mehr als fünf Minuten Verspätung haben. „Dieses Problems müssen wir uns sofort annehmen“, sagte VBB-Chef Franz. Offen sei derzeit auch noch, ob die Länder einen Teil der von der Bundesregierung gestrichenen 60 Millionen für den Nahverkehr aus dem eigenen Haushalt ausgleichen werden. Wie berichtet, wird derzeit darüber diskutiert. Mit diesen Kürzungen werde die Taktdichte der Züge ausgedünnt, warnte Franz, auch Streckenstilllegungen seien nicht ausgeschlossen.

95 Prozent der Züge wurden als sauber eingestuft, 99 Prozent als unbeschädigt. Die Bahnhöfe schnitten schlechter ab – und dies dürfte sich künftig noch verschlechtern, sagte Franz. Denn der massive Personalabbau der Bahn, mit dem sich die Bahn börsentauglich machen wolle, führe vor allem in Brandenburg zu personalfreien Bahnhöfen. Darüber freuen sich nur Vandalen und Graffitischmierer, der Fahrgast dagegen werde die Nachteile spüren, ist Franz überzeugt. Ohne Personal sei eine zuverlässige Information der Kunden bei Zugverspätungen kaum mehr möglich, kritisierte Franz. Er nannte als Beispiel den Bahnhof Wannsee, wo es nach dem Abzug der Bahnsteigaufsichten in letzter Zeit viele Beschwerden gegeben habe. Die Bahn betonte gestern, dass man am Wannsee bereits auf Klagen reagiert habe, seit Donnerstag sind die beiden Bahnsteige bis auf weiteres wieder besetzt, sagte ein Bahnsprecher. Grundsätzlich bekomme die S-Bahn mit dem neuen Verkehrsvertrag weniger Geld vom Land für die Leistungen, also sei es klar, dass beim Personal gespart werden müsse. Die Kritik des VBB sei unfair, hieß es bei der Bahn, wenn der VBB mehr Qualität wolle, müsse er auch mehr zahlen.

Busse und Bahnen der BVG wurden vom VBB nicht bewertet, weil die BVG nur einen Vertrag mit dem Land hat. Nach dessen Auslaufen werde es ab 2008 einen Vertrag mit dem VBB geben und dann auch eine Teilnahme am Qualitätsbericht. BVG–Sprecher Klaus Wazlak sagte, dass die BVG seit zehn Jahren bereits mit 400 freiwilligen Testern die Qualität erfasse.

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