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Berlin: Das Pferdekarussell dreht sich in Sanssouci

Vor über 250 Jahren wurde im Lustgarten ein Reitspektakel geboten: „Carrousel de Berlin“. Jetzt findet es in Potsdam statt. Die Kostüme kommen aus Schöneberg.

Das höfische Gebaren hat Niels Badenhop in seinem selbst geschneiderten purpurfarbenen Samtrock schon richtig gut drauf. Der Barockkünstler stellt sich in „Kattner’s Atelier“ in Schöneberg neben den großen Schneidertisch, setzt ein blasiertes Lächeln auf, spreizt vornehm die Finger und hebt das Kinn leicht an.

Ob diese Haltung tatsächlich Voltaires Habitus entsprach? Wahrscheinlich nicht. Aber für die von dem französischen Aufklärer inspirierte Erzählerfigur in der Open-Air-Produktion „Carrousel de Sanssouci“ dürfte sie recht gut passen.

262 Jahre ist es her, als Friedrich der Große das gewaltige Reitspektakel aus Pferdedressur, Tanz, Artistik und Oper als „Carrousel de Berlin“ erstmals im Lustgarten vor dem Berliner Dom aufführen ließ. Damals vor rund 5000 Zuschauern und mit etwa 200 Beteiligten, die Römer, Griechen, Perser und Karthager darstellten. Vom 19. bis 22. Juli kehrt das barocke Pferdekarussell aus Anlass des 300. Geburtstages des Preußenkönigs zurück und wird vor dem Neuen Palais im Park Sanssouci in einer großen Arena gezeigt. Auf der „Mopke“ sind dann rund 20 geschmückte Barockpferde und Reiter von der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg sowie über 50 ebenfalls kostümierte Musiker, Solisten und Artisten zu sehen. „Hätte Friedrich das Karussell nicht 1750, sondern 20 Jahre später uraufgeführt, wäre dies sicher in Sanssouci geschehen“, argumentiert der künstlerische Leiter der Höfischen Festspiele Potsdam, Kaspar von Erffa, zugunsten des Veranstaltungsortes Potsdam.

Am Anfang der Vorbereitungen für die Produktion stand eine Reise nach Stockholm. Im dortigen Nationalmuseum werden bis heute die Originalentwürfe der historischen Kostüme aufbewahrt. Friedrich hatte sie 1750 an seine Schwester Luise Ulrike, die damalige Königin von Schweden, geschickt, da sie wegen der Geburt ihres dritten Sohnes nicht zur Uraufführung nach Berlin reisen konnte. „Die Kostüme waren an Kostbarkeit nicht zu übertreffen und wir wollen versuchen, diese Pracht zu zitieren“, sagt Chefausstatterin Manuela Motter. Mehr als 300 Meter kostbare Stoffe und 400 Meter Borten sollen vernäht werden, und im Atelier im vierten Stock hoch über der Akazienstraße sind bereits einige Beispiele zu sehen: Große, schwere Reifröcke für die Damen, die aber immer noch so luftig fallen, dass das Reiten in ihnen möglich ist. Kostüme aus blauem Atlas und Brokat, mit aufgenähten Spitzen und Blümchen und kunstvoll bezogenen Knöpfen sowie dazu passender Federkopfschmuck und farbenprächtige Satteldecken.

Doch leider, betonen von Erffa und Motter während des Atelierbesuchs mehrfach, seien längst noch nicht alle Kostüme genäht und so suche man mittels Crowdfunding nach Unterstützern. Für Nähgarn über Zaumzeug- und Kopfschmuck bis hin zu ganzen Kostümen können sich auf www.carrousel-de-sanssouci.de Spender melden, die als Gegenleistung unter anderem namentlich im Programmheft erwähnt werden oder bei größeren Spenden kostenlose Tickets erhalten. Auch der Alte Fritz, so von Erffa, habe die Kosten für die vielen hochwertigen Kostüme auf ähnliche Weise verteilt. Eva Kalwa

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