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Berlin: Das Scheitern der Ampel: Gysi läuft sich warm

Die Zeichen in Berlin stehen auf Rot-Rot. Nachdem die FDP in der Nacht zum Dienstag den Verhandlungstisch der Ampel verlassen hatte, sprach sich die fünfköpfige SPD-Spitze am Dienstagabend bei einer Enthaltung für rasche Koalitionsverhandlungen mit der PDS aus.

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Die Zeichen in Berlin stehen auf Rot-Rot. Nachdem die FDP in der Nacht zum Dienstag den Verhandlungstisch der Ampel verlassen hatte, sprach sich die fünfköpfige SPD-Spitze am Dienstagabend bei einer Enthaltung für rasche Koalitionsverhandlungen mit der PDS aus. Die Enthaltung kam vom stellvertretenden Landesvorsitzenden Swen Vollrath (Ost), persönlicher Referent des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. An der Zustimmung des Landesvorstandes, der bei Redaktionsschluss noch tagte, wurde nicht gezweifelt.

Zum Thema Online Spezial: Berliner Koalitionspoker Der Landesvorstand tagte gemeinsam mit der Fraktion. Vor Beginn äußerten etliche Abgeordnete und Vorstandsmitglieder, dass es mit Rot-Rot sicher nicht leichter werde. Allerdings hielt sich auch das Bedauern über das Scheitern der Ampel in Grenzen. Schulsenator Klaus Böger, Hauptmann des rechten SPD-Flügels, sagte: "Es geht nicht um Freude oder Trauer. Die Ampel wäre eine gute Chance gewesen. Wir haben das mit großem Ernst gewollt. Jetzt müssen wir es aus Pflicht mit der PDS versuchen." Auch SPD-Landeschef Strieder sagte: "Wir wollten die Ampel."

Bereits am Dienstagmorgen hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einen neuen Gast im Roten Rathaus: Der PDS-Politiker Gregor Gysi war mit der Führungscrew zum Antrittsbesuch erschienen. Dieses Gespräch dementieren beide Parteien. Offenbar wollte man die endgültige Entscheidung der Gremien abwarten - bevor man zügig in neue Verhandlungen einsteigt. Grafik: Konsens und Dissens der Ampel Überrascht war die PDS gestern schon, mit welcher Geschwindigkeit die Koalitionsgespräche als nahezu gescheitert erklärt worden waren. Man stehe jetzt "ohne Häme" und nicht "im beleidigten Schmollwinkel" da, signalisierte PDS-Landeschef Stefan Liebich gegenüber der SPD Gesprächsbereitschaft. Als Voraussetzung für Koalitionsverhandlungen nannte er eine sozial gerechte Haushaltskonsolidierung und Prioritätensetzung im Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturbereich.

Die PDS will alle Punkte neu verhandeln, legt aber bereits beschlossene Konsens-Punkte zwischen SPD, Grünen und FDP nicht unbedingt auf die Goldwaage. "Was vernünftig ist, bleibt auch vernünftig", sagte PDS-Fraktionschef Harald Wolf. Die PDS werde nicht die Diskussion um die U-Bahn-Linie 5 oder den "Ladenhüter" Westtangente anzetteln. Klar sei aber, dass über die bereits mit SPD, FDP und Grünen einvernehmliche Senkung der Personalkosten auf zwei Milliarden Mark noch einmal neu verhandelt werden müsse. "Wir streben auch an, Senkungen über eine Milliarde Mark zu erzielen", sagte Haushaltsexperte Harald Wolf. Eine Milliarde Mark sei zwar "gut unterlegt", ergänzte Landeschef Liebich. Die zweite Milliarde könne man nur durch Verhandlungen mit den Gewerkschaften erzielen, aber nicht in der Form, wie es SPD, Grüne und FDP "per Dekret" beschlossen hätten. "Wenn der Eindruck bei den Gewerkschaften entsteht, dass dauerhaft aus Tarifverträgen ausgestiegen werden soll, dann ist das nicht die Form von Gesprächen, die wir fordern", sagte Liebich. Die PDS will keinen Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag für den Öffentlichen Dienst.

Weitere Knackpunkte sind bei Gesprächen mit den Sozialdemokraten Finanzierung und Standort des Großflughafens. Das bisherige Angebot der privaten Investoren sei "kein realistisches Finanzierungskonzept", so Fraktionschef Wolf. Außerdem wolle man das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens abwarten. Auch die Frage um die Olympiabewerbung Berlins dürfte bei SPD-PDS-Gesprächen auf die Dissensliste kommen. Die Bereitschaft bei der PDS sei "sehr gering, sich auf ein solches Abenteuer" einzulassen, wenn auf der anderen Seite Bäderbetriebe geschlossen würden. Nicht sträuben wird sich die PDS im Gegensatz zur FDP bei einer Steuererhöhung. Über eine Anhebung der Getränkesteuer und der Grundsteuern nachzudenken, sei angesichts der Haushaltslage Berlins legitim. "Ich schließe nichts aus", sagte Liebich. Auch mit der PDS werde es zu einem harten Sparprogramm kommen.

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