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Zwangsversteigerung: Das Tacheles gibt es für 3,6 Millionen

Die Feuerwehr inspiziert am Montag die Kaufhausruine in der Oranienburger Straße. Das Haus soll versteigert werden – und die Künstler wollen mitbieten.

Probleme haben die Künstler des Tacheles in der Oranienburger Straße genug – jetzt kommt auch noch das Bauamt. Am Montagmittag wollen Behördenvertreter gemeinsam mit der Feuerwehr das Gebäude inspizieren und prüfen, ob die vorhandenen Brandschutzvorkehrungen ausreichen. Im Extremfall könnte die Weiternutzung des Künstlerhauses auch kurzfristig verboten werden.

Dazu wird es aber nicht kommen, sagt Martin Reiter vom Vorstand des Tacheles e.V., in dem die 65 Maler, Fotografen, Skulpturenbauer und Musiker des Hauses organisiert sind. Erst diese Woche seien die Brandmelder professionell gewartet worden, zudem hätten die Künstler eine „24-Stunden-Feuerwache“ organisiert.

Auch ansonsten ist Martin Reiter überzeugt, dass die Nutzung der unter Zwangsverwaltung stehenden Kaufhausruine weitergehen kann: „Im Februar feiern wir ganz sicher unser 20-jähriges Bestehen.“ Zwar wurde der Tacheles e.V. bereits Ende August vom Landgericht zur Räumung des Gebäudes verurteilt, der Verein ging jedoch in Revision und kann nun bis Februar schriftlich Stellung nehmen. „Vor März gibt es definitiv kein Urteil“, sagt Reiter, „und auch danach gehen wir nicht freiwillig.“ Vielmehr wolle der Verein „den Fall politisch ausdiskutieren“, zur Not müsse die Polizei „dann eben 50-Jährige aus dem Haus tragen“. Die Räumungsklage hatte der Zwangsverwalter des Geländes angestrengt, nachdem der Mietvertrag des Vereins Ende 2008 ausgelaufen war.

Parallel zur Räumungsklage läuft eine Zwangsversteigerung des Areals, das Ende der neunziger Jahre von einer Tochtergesellschaft der Immobiliengruppe „Fundus“ gekauft worden war. Der amerikanische Architekt Andrés Duany wollte hier ursprünglich Neubauten mit Wohnungen und Büros auf einer Fläche von 28 000 Quadratmetern errichten. Dazu kam es jedoch nie, die Zwangsversteigerung soll nach Auskunft des Gläubigers, der HSH-Nordbank, im kommenden Jahr zu Ende gebracht werden.

Die Mitglieder des Tacheles e.V. wollen bei der Versteigerung mitbieten – und ihre Chancen sind gerade deutlich gestiegen. Das Amtsgericht Mitte hat festgelegt, dass das Areal nicht als Ganzes, sondern in Einzelteilen versteigert wird. Damit können die Künstler ein gezieltes Angebot für den 75 Meter langen Bau an der Oranienburger Straße abgeben, ohne für die angrenzenden Freiflächen mitbieten zu müssen. Den Verkehrswert der Kaufhausruine hat das Gericht auf 3 580 000 Euro festgelegt. „Das ist viel Geld, aber es hätte schlimmer kommen können“, sagt Martin Reiter.

In den kommenden Wochen will der Verein nun beraten, woher das Geld fließen könnte. Den Künstlern schwebt die Gründung einer Stiftung vor, in der Senat, Mitglieder der Kunstszene und Kunsttheoretiker gemeinsam über die Ausrichtung des Tacheles entscheiden. „Das Haus hat in den letzten Jahren unzählige Touristen angelockt“, sagt Reiter, „es ist ein echter Fremdenverkehrsfaktor und hat dem Land Berlin dutzende von Millionen Euro eingebracht. Einen kleinen Teil davon sollte es jetzt investieren.“ Sebastian Leber

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