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Daten-CD: Unter Berliner Steuersündern wächst die Angst

UPDATE Nachdem bekannt wurde, dass die Bundesregierung die CD mit Daten von Steuersündern kaufen will, steigt die Zahl der Selbstanzeigen in Berlin sprunghaft an. Die Landeskasse rechnet mit einem Millionensegen.

Die Zahl der Berliner, die durch Selbstanzeigen einer drohenden Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung zuvorkommen wollen, steigt sprunghaft an. Knapp 40 Fälle waren der Senatsverwaltung für Finanzen bis Montag bekannt, am Dienstagmittag waren es schon 55. In Brandenburg wurden zwei Fälle gemeldet. Die Betroffenen reagieren auf den Ankauf einer Daten-CD mit Informationen über Bankverbindungen deutscher Bürger in der Schweiz und in Luxemburg durch den Bund. Sie beugen so drohenden Verurteilungen von bis zu zehn Jahren Haft vor.

„Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, wir können die Leute nur auffordern, sich selbst zu melden“, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen Kathrin Bierwirth. Wie viele Millionen infolge der Selbstanzeigen in den Landeshaushalt fließen, sagte sie mit Hinweis auf das „Steuergeheimnis“ nicht. Deshalb wollte sie auch Berichte nicht kommentieren, nach denen ein einzelner Berliner dem Fiskus Steuern in Höhe von 4,5 Millionen Euro zurückgezahlt habe. Der umstrittene Ankauf der brisanten CD von einem Datenhändler kostet Bund und Länder 2,5 Millionen Euro.

Und was passiert nach einer Selbstanzeige? „Die Steuern der letzten zehn Jahre müssen nachgezahlt werden“, sagte Anwalt Frank Rodloff von der Kanzlei Rolema. Außerdem verlange das Finanzamt Zinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr. „Häufig ist dann die Hälfte des Vermögens weg“, sagte Rodloff. Er berät selbst Mandanten, die sich angezeigt haben, und rät dringend zur Angabe nicht versteuerten Kapitals im Ausland. Auf mittlere Sicht werde das Bankgeheimnis der Steueroasen durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Und der Ankauf von Daten durch den Bund sei noch das geringste Übel: „Wenn die Informationen in die Hände von Kriminellen geraten, sind Erpressungsversuche nicht auszuschließen“, sagte Rodloff.

Die Selbstanzeige sollte möglichst rasch erfolgen, denn straffrei bleibt nur, wer noch keine Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren gegen sich hat. „Die Tat darf noch nicht entdeckt sein“, sagte auch Wolfgang Wawro, Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg. Zurzeit werden die Details des CD-Deals noch ausgehandelt. Doch rund 100 Stichproben sollen von den Behörden bereits gezogen worden sein. Experten schließen nicht aus, dass bereits auf dieser Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.

Auch beim Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers, das in Berlin eine Spezialabteilung für Steuerstrafrecht unterhält, stieg die Zahl der Mandanten in der vergangenen Woche sprunghaft an. „Wir hatten über 20 Neuzugänge“, sagte ein Sprecher am Montag auf Anfrage, „das ist viel.“

Die Vize-Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Berlin, Anke Müller-Jacobsen, begrüßte die wachsende Bereitschaft zu Selbstanzeigen. Sie riet aber auch dazu, vor einem solchen Schritt anwaltliche Beratung einzuholen. In der Regel sei vier Wochen nach Eingang des korrigierten Steuerbescheids die Nachzahlung der Steuer fällig. ball/hej

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