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Dvid-Bowie-Double David Brighton.

© DAVIDS/Sven Darmer

David Bowie nochmal fast live erleben: Der doppelte David

Seit Bowie starb, wird sein Imitator David Brighton häufig gebucht. Vor vielen Jahren begegneten sich die beiden in New York. Am Wochenende spielt das Double in Berlin.

Ende Oktober sitzt so jemand wie David Bowie in einem Hotelzimmer an der Osloer Straße in Berlin-Gesundbrunnen. Schon Stunden zuvor zog David Brighton den gelben Anzug und den grauen Schal an, streifte sich das Toupet über den Kopf. Das Double sagt: „Hey, I’m David!“ Und keiner fragt, Bowie oder Brighton.

Im Jahr 2003 waren sich beide begegnet. Bowie und Brighton standen in einem Fernsehstudio in New York. Sie drehten einen Werbefilm für einen Mineralwasserhersteller. Bowie als Bowie, Brighton als Bowie. Am Ende des Spots sagt der Sprecher: „Entdecke das Leben.“

Als das Double am 10. Januar diesen Jahres aufwacht, zeigt sein Telefon ihm viele Anrufe, die er verpasst hat, viele Textnachrichten, die er nicht gelesen hat. Er liest sie und alle sagen eins: das Original ist tot. Und: Willst du ein Konzert spielen?

Das Original stirbt, der Imitator macht weiter

"Es war sehr seltsam, so von Bowies Tod zu erfahren“, sagt Brighton. Seit jenem Tag im Januar laufen die Geschäfte für ihn besser denn zuvor. In den Wochen nach Bowies Tod stiegen die Verkäufe von dessen Alben um 5.000 Prozent. Woche für Woche riefen Promoter bei Brighton an und fragten, ob er eine Show spielen wolle. Bisher gab er dieses Jahr mehr als 50 Konzerte. Anfang November tritt er dreimal in Deutschland auf. In Bremen, in Paderborn und in Berlin. Die Karten für den Auftritt am 5. November im Admiralspalast kosten mehr als 50 Euro.

Auf der Bühne sehen die Zuschauer dann die Bühnenpersönlichkeiten Bowies, den Thin White Duke oder Ziggy Stardust. Sie hören Songs wie „Space Oddity“, „Heroes“ oder „Let’s Dance“. Sie betreten ein lebendes Museum. „In einer Welt von furchtbarer Wegwerfmusik ist Bowies Musik Kunst. Das will ich hoch- halten“, sagt Brighton.

Vor dem TV tanzte er Bowie nach

Wie kam es dazu? Brighton erzählt es so: Als Kind hörte er britische Rockmusik. The Beatles, The Who und eben Bowie. Als Teenager kaufte er sich dessen Alben. Dann Mitte der 90er, Jahre bevor er Bowie wird, ist er George Harrison. Er tritt fünf Jahre lang mit Beatlemania auf, einer Beatles-Cover-Band. Mit dieser spielt er in Las Vegas als Teil der Show „Legends in Concert“. Einer Konzertreihe, in der es keinen Tod gibt. Ende der 90er Jahre stehen dort neben den Beatles, Marylin Monroe und Elvis Presley auf der Bühne, tanzen, singen. „Jemand sagte mir, ich klinge wie Bowie“. Als er seine Stimme verstellt, wird ihm gesagt, „Du klingst wie jemand, der versucht, nicht wie Bowie zu klingen.“ Also wurde er Bowie.

Er besorgte sich CDs, Fotos und Videokassetten mitAufnahmen von Bowie-Konzerten. Zu Hause schob er sie in den VHS-Spieler. Er sah wie Bowie tanzte und versuchte, vor dem TV-Gerät genau so zu tanzen. Bowie der Tänzer, Bowie der Mime, Bowie der Sänger. Brighton war nur Gitarrist. Also nahm er Tanzstunden. Über sein erstes Konzert als David Bowie im Jahr 2000, sagt er: „Ich hatte Schiss“.

Er trauert gemeinsam mit den Ultrabowiefans

Was dachte seine Mutter als sie ihn erstmals als Bowie sah? „Sie hat es nicht verstanden.“ Als seine Mutter das erste Plakat für Brightons Tour sah, sagte sie, das sei er. „Sie kannte Bowie nicht genug, um zu verstehen, wie ähnlich ich ihm sehe.“

Andere verstanden das. Während Brighton Anfang der Nullerjahre im Outfit von Ziggy Stardust über die Bühne tanzt, stehen Männer und Frauen im Publikum, die mehr Konzerte von Bowie gesehen haben, als dieser Studioalben veröffentlicht hat (25). Über die Ultra-Bowiefans sagt Brighton: „Sie sind sehr intelligent, sehr anspruchsvoll, sehr kritisch und sehr beschützend.“ Einige schrieben ihm, sie seien in seine Show gegangen, bereit ihn zu zerreißen. Doch es habe ihnen gefallen. Nach Bowies Tod schicken sie Brighton E-Mails. „Sie durchleben einen Heilungsprozess. Wir auch.“

Hat Brighton je eine Berlin-Bowie- Tour gemacht, die Hansa-Studios oder das Wohnhaus in Schöneberg besucht? Nein. Das Double sitzt erstmals in der Stadt, in der dem Original mit einer Wandtafel gedacht wird. Bowie lebte hier von 1976 bis 1978. Damals schrieb er zwei Alben seiner Berliner Trilogie: „Low“ und „Heroes“. „Ich würde die Tour gerne machen. Wenn ich Zeit habe“, sagt Brighton. Zeit hat er wenig. In der Nacht zuvor betrat er das Hotelzimmer in der Osloer Straße, am Abend wird er ein Konzert in den Niederlanden spielen.

Was bleibt von Bowie in Berlin?

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bei der Enthüllung der neuen Bowie-Gedenktafel.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bei der Enthüllung der neuen Bowie-Gedenktafel.

© Thilo Rückeis

DER SONG

Von 1976 bis 1978 lebte David Bowie in Berlin. Wenige seiner Stücke wurden von Berlin geprägt, „Heroes“ ist eines von ihnen. Bowie spielte es im Juni 1987 vor dem Reichstag.

Er sang „We can be heroes just for one day“, während in Ost-Berlin die Polizei Menschen niederprügelte, die am Brandenburger Tor das Konzert hören wollten. „Es brach mir mein Herz. Ich habe noch nie so etwas erlebt und werde so etwas wohl auch nie wieder erleben“, sagte Bowie 2003. Nach seinem Tod dankte das Auswärtige Amt Bowie dafür, dass er half, die Trennung zu überwinden.

DAS STUDIO

Im Hansa-Tonstudio nahm Bowie Ende der 70er Jahre die Alben „Low“ und „Heroes“ auf. Aus dem Studio in der Köthener Straße 38 In Kreuzberg konnte er die Berliner Mauer sehen, die keine 200 Meter entfernt stand. Ein Paar das sich nahe der Mauer küsste, soll ihn zu seinem Lied „Heroes“ inspiriert haben. Nach seinem Tod fand hier eine Trauerfeier für Bowie statt. Fröhlicher soll es vom 7. bis 10. Januar 2017 werden, dann soll in dem Studio Bowies 70. Geburtstag gefeiert werden.

DIE STRASSE

Während seiner Zeit in Berlin lebte Bowie in der Schöneberger Hauptstraße 155. An das Mietshaus wurde im August eine Gedenktafel geklebt. Das genügte einigen Fans nicht. Sie forderten in einer Petition, dass die Hauptstraße in David-Bowie-Straße umbenannt werden solle.

Bis heute haben 12.932 Unterstützer unterzeichnet. Die Hauptstraße heißt noch Hauptstraße. Denn für eine Umbenennung müssen fünf Jahre vergehen. Der Baustadtrat vertröstete die Fans auf 2020.

DER SPAZIERGANG

Wer das Hansa-Tonstudio oder die Hauptstraße besuchen will, kann einen Bowie-Spaziergang machen. Angeboten wird dieser unter anderem Samstag für Samstag von Berlin Musictours.

Vom Martin-Gropiu-Bau führt der Weg auch vorbei am Reichstag, wo Bowie 1987 jenes denkwürdige Konzert spielte. Der Spaziergang endet im Café Neues Ufer, das in den 70er Jahren noch Anderes Ufer hieß und ein Schwulencafé war, in dem Bowie vieler seiner Nachmittage verbrachte.

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