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Berlin: Dem Ärger des Erzbistums zum Trotz

Suspendierte Priester feiern Messe in Berlin

„Gott lädt ein“, sagt Norbert Reicherts. „Schön, dass sie sich einladen lassen.“ Im weißen, wallenden Messgewand steht der frühere katholische Priester vor dem Altar der evangelischen Sankt-Thomas-Kirche in Kreuzberg. Gut 300 Menschen haben auf den Holzstühlen vor ihm Platz genommen. Zusammen mit seinem Lebenspartner Christoph Schmidt feierte Thomas dort am Mittwochabend eine katholische Eucharistiefeier, zu der auch Protestanten eingeladen waren.

Was nach katholischem Kirchenrecht verboten ist – so wie der Gottesdienst an sich: Wegen ihrer homosexuellen Lebensweise waren Schmidt und Thomas vor Jahren von ihren Bischöfen suspendiert worden. Weswegen das katholische Erzbistum scharf auf die angekündigte Messfeier reagierte: „Die Suspendierung umfasst ausdrücklich das Verbot, priesterliche Dienste auszuüben, dazu gehört insbesondere das Feiern der Eucharistiefeier“, teilte Sprecher Stefan Förner mit: „Die gewährte Gastfreundschaft der zuständigen evangelischen Gemeinde wird mit Befremden zur Kenntnis genommen.“

Doch mit einer katholischen Eucharistiefeier hatte der Gottesdienst am Mittwoch nur wenig gemein: Ministranten oder Weihrauch gab es nicht, stattdessen eine schlichte, protestantisch wirkende Liturgie mit modernen Kirchentagsliedern. Brot und Wein wurden vor der Wandlung durch die Reihen gegeben, was weder in einem evangelischen noch in einem katholischen Gottesdienst üblich ist. Die beiden Theologen feierten ihr privates Ritual – und Provokationen vermieden sie fast völlig. Nur als es an die Kommunion ging, wurde Christoph Schmidt deutlich: Weil Gott selbst die Menschen zur Kommunion einlade, sei es „unwahrhaftig“, wenn nur gläubige Katholiken die Hostie erhielten, so Schmidt, „und die evangelische Frau oder die Frau, die mit einer anderen Frau zusammenlebt, nicht.“ In Sankt Thomas standen Protestanten und Katholiken ebenso Heterosexuelle, Schwule und Lesben um den Altar herum.

„Wenn das Erzbistum jetzt verschnupft reagiert, tut uns das Leid“, sagt Bertold Höcker, der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte. Die Sankt-Thomas-Gemeinde habe den beiden Priestern lediglich Gastrecht gewährt. Der Streit mit den suspendierten Priestern sei eine innerkatholische Angelegenheit. Benjamin Lassiwe

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