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Berlin: Der Ausputzer

Peter Leonhardt wickelte DDR-Ferienheime ab und rettete Herlitz. Beim Tempodrom setzt der Insolvenzverwalter auf Zeit

Er ließ die deutsche Botschaft in Kairo zu Ende bauen und bei Herlitz Stifte und Ordner produzieren. Er führte die Zentrale Einkaufsstelle der DDR-Regierung und die Ferienheime des FDGB. Und seit kurzem ist er, zumindest formal, für Shows und Konzerte im Tempodrom verantwortlich. Insolvenzverwalter Peter Leonhardt musste in seinen knapp 30 Berufsjahren schon in viele Rollen schlüpfen. Dass ihm etliche großen Spaß machten, ist dem Anwalt anzumerken, wenn er von den rund 100 Fällen erzählt, die er bislang gelöst hat.

Auch das Tempodrom macht ihm mehr Spaß als Arbeit, sagt er. Seitdem der Kreuzberger Veranstaltungsbau im März Insolvenz angemeldet hat, führt Leonhardts Kanzlei vorübergehend die Geschäfte der Tempodrom-GmbH, gemeinsam mit deren Gründern Irene Moessinger und Norbert Waehl, die bis auf weiteres das Kulturprogramm organisieren. Außerdem sucht der 58-Jährige gemeinsam mit seinem Kollegen Udo Feser, dem Insolvenzverwalter der Tempodrom- Stiftung, nach einem Investor für den markanten Bau am Anhalter Bahnhof. Sein Hauptanliegen: Erstmal Ruhe in den Betrieb bringen, und dann ohne Zeitdruck einen Investor und vielleicht auch einen neuen Betreiber finden. Die Tempodrom-Affäre, der politische Streit um die Verdoppelung der Baukosten und der Rücktritt von Bausenator Peter Strieder haben das Tempodrom in ein zu schlechtes Licht gerückt, findet Leonhardt. Immerhin laufe der Kulturbetrieb erfolgreich. 160 Veranstaltungen sind für dieses Jahr geplant, genug, um rund 400 000 Euro Pacht für den Bau abzuführen.

„Die Situation ist besser, als sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“, sagt Leonhardt mit breitem Lächeln. Dabei strahlt der studierte Jurist und Betriebswirt so viel Ruhe und Zuversicht aus, dass man ahnt, wieso Gerichte gerade ihn in spektakulären und aussichtslos erscheinenden Fällen immer wieder zum Insolvenzverwalter ernennen. „Viel Erfahrung, sehr entspannt, außerordentlich belastbar“, beschreibt der Vater dreier Kinder seine wichtigsten Qualitäten für den Job. Eigenschaften, die ihm und seinen 90 Mitarbeitern wiederholt geholfen haben, aus insolventen Betrieben das Beste rauszuholen. Besonders viel Aufsehen erregte die Rettung des Herlitz-Konzerns. „Das sind die großen Verfahren, an denen verdient man“, sagt Leonhardt. Viel mehr am Herzen lägen ihm aber die kleinen wie eben das Tempodrom oder auch der Orden der Christkönigschwestern, der wie berichtet einem Betrüger aufgesessen war. „Diese Fälle machen Spaß, weil man ein gutes Projekt retten kann“, sagt Leonhardt.

Beim Tempodrom setzt Leonhardt auf Zeit. Der profitable Weiterbetrieb des verschuldeten Kulturhauses soll Vertrauen schaffen, sodass sich eines Tages ein Käufer findet, der mehr zahlt als die zu Jahresbeginn gehandelten drei Millionen Euro. Die hatte ein Unternehmer geboten, den die Sanierungsfirma Steinbacher Treuhand im Auftrag des Senats gefunden hatte. Da dieser Preis für einen 32-Millionen-Bau dem Land dann doch zu niedrig war, beschloss man die Insolvenz. Die Arbeit seines Vorgängers, Steinbacher-Chef Thorsten Griess-Nega, bewertet Leonhardt kritisch: „Für drei Millionen würde ich das Tempodrom nicht hergeben.“ Ihm schwebt eher das Doppelte oder Dreifache vor.

Privat hat Peter Leonhardt das Tempodrom bislang nur selten besucht. Das will er jetzt ändern und sich die Verleihung des deutschen Filmpreises und das Konzert von Woody Allen anschauen. Mit regulär gekauften Karten, wie er betont – damit keine neue Unruhe entsteht.

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