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Berlin: Der Doppler-Effekt

Die Caesar-Zwillinge heben im Chamäleon-Varieté die Gesetze der Physik auf

Irgendwann weiß man einfach nicht mehr, wo oben und unten, rechts oder links ist. Verschlungene Körper und stählerne Muskeln präsentieren sich in beeindruckenden akrobatischen Skulpturen, vermitteln Leichtigkeit und Anmut. Und am Ende ist man sich nicht mehr ganz sicher: Sieht man nun doppelt, weil die Geschwindigkeit der artistischen Darbietungen Schwindel erregend ist, oder weil es sich bei den zwei Akrobaten, die die Kunststücke vollführen, um eineiige Zwillinge handelt?

Auf eben diesen Verwirrungseffekt setzen Pablo und Pierre Caesar. „One in Two“ heißt deshalb auch ein Teil ihres Programms „Caesar Twins and Friends“, mit dem die Brüder nun im Chamäleon die Gesetze der Schwerkraft aufheben. Handstandakrobatik, Salto-Darbietungen und eine erotisch-feuchte Nummer in einem überdimensionalen Wasserbecken gehören zu ihrem Repertoire, mit dem die 24-jährigen Körperkünstler die Zuschauer begeistern.

„Kill for a ticket!“ hieß es in britischen Zeitungen. So viel Rummel scheint ihnen fast schon unheimlich. „Es ist schön, Preise zu gewinnen. Aber mir ist es wichtiger, die Menschen mit unserer Show zu erfreuen“, sagt Pierre, der fünf Minuten Ältere von beiden. „Mit dem Publikum zu flirten, egal ob männlich oder weiblich, ist das Beste an unserem Beruf.“ Der Zuspruch von den Zuschauern scheint der Antrieb für die aus dem polnischen Bromberg stammenden Sportler zu sein. Bestätigung, die ihnen in der Kindheit verwehrt blieb: Ihr Vater, ein arbeitsloser Alkoholiker, ließ die Unzufriedenheit über das eigene Leben an den Söhnen aus – so lange, bis sie von zu Hause fortrannten. Zurück sind sie seither nie wieder gegangen. Stattdessen führte sie ihr Weg direkt nach Deutschland, wo die beiden ehemaligen Jugendweltmeister der Sportakrobatik als 18-Jährige von einem Zirkus engagiert wurden. Mehr als zwei Jahre turnten sie für den neuen Arbeitgeber, bis Pablo während einer Nummer ungesichert aus acht Metern in die Tiefe stürzte. Danach lag er mit Hirnquetschungen im Koma. „Die Zeit des Wartens war eine harte Probe“, sagt der Bruder. Die Ärzte prognostizierten nach dem Aufwachen Probleme mit der Feinmotorik und dem Gleichgewicht – das Ende der Karriere schien besiegelt. Doch mit hartem Training und jeder Menge Geduld arbeitete sich Pablo zurück ins Rampenlicht.

Das deutsche Publikum, so finden die Brüder, ist am schwierigsten zu begeistern. „Wenn man sich hier durchkämpft, dann schafft man es auch woanders", sagt Pablo. Insofern ist ihr Berliner Gastspiel vielleicht eine Art Feuerprobe, denn danach geht es auf Tour. Erst nach Großbritannien und Australien, im Anschluss daran in die USA. Vielleicht werden sie eines Tages auch in Polen auftreten, so Pierre. Für die Brüder wäre es ein besonderer Auftritt.

Twins and Friends, Chamäleon, Hackesche Höfe, bis 31. Juli, Dienstag bis Sonntag. Kartentelefon: 4000590

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