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Zurück in Odessa. Polizisten stellten das Gemälde „Judaskuss“ sicher. Foto: dpa

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Berlin: Der geklaute Judaskuss

Prozess wegen Hehlerei mit Caravaggio-Kopie Unternehmer soll Komplize von Kunstdieben sein

Der „Judaskuss“ verschwand bei Nacht und Nebel aus Odessa. Die Diebe hatten ihm schwer zugesetzt: mit einem Messer aus dem Rahmen geschnitten und zum kleinen Paket gefaltet. Mit all dem hatte Sergy G. nichts zu tun. Er aber kam zwei Jahre später ins Spiel, als das Bild, das Caravaggio (1571 – 1610) zugeschrieben wurde, in Berlin wieder auftauchte. Als das Gemälde spektakulär in einer Aktion von Bundeskriminalamt und Eliteeinheit GSG 9 befreit wurde, klickten auch für den 35-jährigen Unternehmer die Handschellen. Wegen versuchter Hehlerei steht er seit Dienstag vor Gericht.

Sergy G. stammt aus der Ukraine und lebt seit 17 Jahren in Berlin. Er soll als „Ortskundiger für die übrigen Bandenmitglieder“ eine Wohnung sowie sein Auto zur Verfügung gestellt haben. Mit den Kriminellen aber will G. nichts zu tun haben. Er sei von einem Bekannten angesprochen worden. „Aus Gefälligkeit“ habe er geholfen. Später habe er geahnt, dass es wohl um ein Bild ging. „Vom Wert hatte ich keine Vorstellung“, sagte der Chef einer Logistik-Firma. Er habe auch nicht an Gewinn gedacht.

Es waren erst 50 Millionen Dollar, dann 45, 17 und im Juni in Berlin dann noch 10 Millionen Dollar, die die Kunsträuber für das Gemälde kassieren wollten. Sie waren allerdings an einen verdeckten Ermittler geraten. Sie ahnten auch nicht, dass die Fachwelt über Original und Kopie längst diskutierte. Es handele sich nicht um das 1602 geschaffene Original, sondern um eine wenige Jahre später entstandene Kopie, sagte ein Experte im Prozess. Der echte „Judaskuss“, auch als „Die Gefangennahme Christi“ bekannt, sei 1990 in einem Jesuitenkloster entdeckt worden und befinde sich in Dublin. „Das Bild in Odessa ist eine gute, nicht von Caravaggio gemalte Kopie.“

Ob das Gemälde nun seine 100 Millionen US-Dollar wert ist, wie man in Odessa sagt, oder ob es eine Kopie ist, für die höchstens 100 000 Euro anzusetzen sind – es wurde auf jeden Fall ein großer ukrainisch-deutscher Fahndungserfolg. Als der „Judaskuss“ verkauft werden sollte, wurden auf einem Parkplatz vier Männer festgenommen. Ende August konnte das durch Restauratoren transportfähig gemachte Werk durch Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) an den ukrainischen Innenminister Anatoli Mogiljow zurückgegeben werden. Das Urteil für G. wird Dienstag verkündet. K.G.

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