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Berlin: Der Genussmensch

Thomas Kurt ist eine Institution unter Berlins Gourmetköchen. Zehn Jahre führt er das „E.T.A.Hoffmann“, die Szene prägt er viel länger.

Groß ist die Küche im „E.T.A.Hoffmann“ nicht, und wenn der Chef sie betritt, wirkt sie noch kleiner. Thomas Kurt ist keiner der neuen kochenden Marathonläufer, sondern einer, der den Spaß am Genuss persönlich verkörpert – und dazu auch die Gelassenheit, das „Schalottenrennen“ der Ehrgeizigen an sich vorüberziehen zu lassen. Sein großer Erfolg bemisst sich nicht in gastronomischen Auszeichnungen, sondern in Kontinuität: Vor zehn Jahren hat er das Kreuzberger Restaurant übernommen – eine lange Zeit, die auf ein richtiges Konzept und viel Erfahrung schließen lässt.

Denn tatsächlich prägt der 53-jährige gebürtige Badener die kulinarische Szene der Stadt schon viel länger. Das „Abricot“ in der Hasenheide war seine erste Station, nachdem er aus Basel eingereist war – die große Zeit der Kreuzberger Szene um die Wende herum. Später zog er sich zwar aus der Selbstständigkeit zurück, blieb aber als kulinarischer Berater hinter den Kulissen aktiv, schrieb Konzepte für den „Alten Fritz“, das „Frisco“, „Diekmann“ oder „H.H. Müller“. Bis ihm 2003 das „E.T.A.Hoffmann“ offeriert wurde, das von Tim Raue ehrgeizig, aber wohl für den Ort zu ehrgeizig nach oben gekocht worden war.

Ein Portraitfoto auf der Website des Hotels Riehmers Hofgarten, zu dem das Restaurant gehört, sagt schon viel über Kurt aus. Der Chef, wie immer mit kurzgeschorenem grauem Vollbart – „Jean Reno des Herdes“ hat ihn einmal ein überschwänglicher Journalist genannt – steckt seine Nase mit erkennbarer Lust in eine Handvoll schwarzer Trüffel. Diesen Genuss will er seinen Gästen vermitteln, ohne aber gleich den Luxuskoch heraushängen zu lassen; das Restaurant gehört, sagen wir, in die Business-Class, in der die Hauptgänge um 25 Euro kosten.

Dafür darf der Gast gute Produkte und sorgfältige Zubereitung erwarten, aber natürlich nicht Hummer und Steinbutt und Kaviar. Kurt ist kein dezidierter Stilist, sucht keinen Anschluss an Zeittrends wie die „Molekularküche“ oder die neue skandinavische Extrem-Regionalität. Ihm merkt man vielmehr an, wie die Einflüsse der Jahrzehnte am Herd eine Melange gestalten, das durchs Badische gefilterte französische Erbe, die ewig mediterrane Sehnsucht, das Asiatische als dezente Gewürzspur – und auch mal Hiesiges, deftig-modern gekocht. Über die zehn Jahre ging es immer ein wenig auf und ab, Köche und Kellner kamen und gingen, aber auch in dieser Hinsicht ist nun offenbar Stabilität eingetreten, seit Kurts Lebensgefährtin Heike Seebaum den Service leitet. Sie war vorher im „Alten Zollhaus“ und „Vau“, ausgezeichnet als „Maître des Jahres“, und das sieht nun insgesamt ideal aus und trägt den Kern eines weiteren Jahrzehnts durchaus in sich.

Als Start in diese Zukunft dient ein Menü mit ähnlich gestrickten Kollegen, das am 10. November im „E.T.A.Hoffmann“ stattfindet. Es kochen Rolf Schmidt, Thomas Kammeier, Stefan Hartmann, Franz Raneburger und natürlich Kurt selbst, der über den Hauptgang, ein Kalbsfilet mit Ragout fin, Schlutzkrapfen und Pak Choi, immerhin edle Burgundertrüffel reibt. Die Teilnahme kostet 89 Euro, darin sind auch der Aperitif und Weine des steirischen Winzers Gerhard Wohlmuth eingeschlossen.

„E.T.A. Hoffmann“, Yorckstr. 83, Kreuzberg. Reservierung fürs Jubiläumsmenü unter Tel. 78 09 8809

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