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Berlin: Der Leiter des American Jewish Committe verlässt am Jahresende Berlin

Er wird fehlen. Denn kaum ein anderer Neuankömmling gehörte nach so kurzer Zeit so selbstverständlich ins Berliner Gesellschaftsleben wie er.

Er wird fehlen. Denn kaum ein anderer Neuankömmling gehörte nach so kurzer Zeit so selbstverständlich ins Berliner Gesellschaftsleben wie er. Doch nun kehrt Eugene DuBow bald an den Hudson nach New York zurück, in seine Heimatstadt. "Ich habe die Pionierarbeit geleistet", sagt nicht ohne Stolz der 67-jährige Direktor des Berliner Büros vom "American Jewish Committee" (AJC). "Zum ersten Mal ist eine amerikanisch-jüdische Organisation in der Hauptstadt des vereinten Landes präsent."

Im Februar 1998 war das Berliner AJC-Büro eröffnet worden, im Mosse-Palais am Leipziger Platz. Und alles war gekommen: der amerikanische Botschafter John Kornblum, der israelische Botschafter Avi Primor, vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen wurde die 100-köpfige Delegation ebenso empfangen wie von Bundespräsident Roman Herzog. Die Festrede während eines abendlichen Gala-Diners im Hotel "Adlon" hielt Bundesaußenminister Klaus Kinkel. "Wir glauben an Deutschland, wir glauben an die Demokratie in Deutschland, wir glauben an den Dialog": So hieß das Motto des AJC zur Begrüßung. Allerdings behalte man sich das Recht vor, nicht mit allem, was hier geschehe, übereinzustimmen.

Denn für das AJC hat Deutschland seit der Wiedervereinigung teils widersprüchliche Facetten: eine stabile Demokratie - und rechtsextreme Gewalt; die am schnellsten wachsende jüdische Gemeinschaft außerhalb Israels - und den Hang mancher Intellektueller, die Geschichte umzuinterpretieren. In dieser Situation wollte DuBow "die Kreativität und die geistigen Impulse" seiner Organisation nutzen, die seit ihrem Beginn mit den heiklen Fragen der deutsch-jüdischen Beziehungen befasst ist.

Das "American Jewish Committee" wurde 1906 von einer kleinen Gruppe deutschstämmiger Amerikaner gegründet. Seitdem setzt sich die nichtzionistische Organisation für die Wahrung von Bürgerrechten und Religionsfreiheit ein. In den USA hat sie 32 Büros, zählt rund 75 000 Mitglieder und Unterstützer. Eugene DuBow, der die ersten Jahre seines Berufslebens als Bewährungshelfer in der Bronx verbracht hatte, baute bereits in den 80er Jahren erste Kontakte zu der kleinen jüdischen Gemeinde in der DDR auf. In Verhandlungen mit der DDR-Regierung war es ihm damals gelungen, einen US-Amerikaner für die 20 Jahre lang verwaiste Rabbiner-Stelle in Ost-Berlin zu vermitteln. 1995 erhielt DuBow eine Gastprofessur an der Universität Bayreuth. 1996 zeichnete ihn Roman Herzog mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Insbesondere bei drei Themen, sagt DuBow, habe sich das AJC erfolgreich in die öffentliche Debatte eingeschaltet: bei der Entschädigung für osteuropäische Juden, bei der Entschädigung für Zwangsarbeiter und in der Frage des Holocaust-Mahnmals. AJC-Präsident Bruce Ramer hatte als erster im September 1998 eine Kombination aus Mahnmal und erzieherischen Elementen vorgeschlagen, wie sie der Bundestag dann im Juni diesen Jahres beschloss.

Mit etwas Besorgnis indes beobachtet DuBow die Diskussion über die Nachfolge von Ignatz Bubis, dem vor sechs Wochen gestorbenen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. "Sein Tod hat ein großes Vakuum hinterlassen, das zu füllen sehr sehr schwierig sein wird", sagt er. Ein würdiger Nachfolger sollte auf jeden Fall "dynamisch und intelligent" sein. "Vielleicht ist es an der Zeit, dass der Stab an einen Vertreter der jüngeren Generation weitergegeben wird." Geringere Erfahrungen mit der Gemeindearbeit sollten dabei kein Hinderungsgrund sein. "Auch Bubis ist mit dem Amt gewachsen." Derjenige, auf den das zutrifft, ist Salomon Korn, der neue Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Frankfurt (Main). Bubis soll Korn als seinen Lieblingsnachfolger vorgeschlagen haben. Doch bislang sagt Korn, er wolle nicht kandidieren.

DuBow kündigt jetzt an, gegen Ende des Jahres nach New York zurückzugehen. Seine Nachfolgerin wird Deidre Berger sein, eine amerikanische Jüdin aus St. Louis, die mit einem Deutschen verheiratet ist und bereits seit 15 Jahren in Deutschland lebt. Zuletzt hat Deidre Berger als Korrespondentin für die "Jewish Telegraphic Agency" gearbeitet.

Sie wird auf den Fundamenten aufbauen. Außerhalb der Vereinigten Staaten gibt es nur zwei Büros des AJC: eines in Israel, eines in Deutschland. "Ich habe in den knapp zwei Jahren erreicht, was ich wollte", sagt DuBow. Kontakte zur jüdischen Gemeinschaft seien ebenso etabliert worden wie zur politischen Klasse des Landes. Dadurch konnten Wissensgräben überwunden werden und ein Stück Offenheit in das deutsch-jüdische Beziehungsgeflecht einziehen. Eine gute Bilanz - nach einer viel zu kurzen Zeit.

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