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Berlin: Der Protest bleibt nicht auf der Straße

SPD-Ministerpräsident Platzeck versprach, kein Kind zurückzulassen Nun kürzt Rot-Rot bei der Bildung – zum Ärger vieler Genossen.

Potsdam - Ministerpräsident Matthias Platzeck gelingt es nicht, den Protest gegen die Einsparungen der rot-roten Koalition bei freien Schulen und Hochschulen in Brandenburg vor der eigenen Tür zu halten. Auch in der SPD regt sich zunehmend Widerstand gegen die Sparvorhaben. Zum Auftakt der dreitägigen Haushaltsdebatte im Landtag, der am Freitag den umstrittenen Etat der SPD/Linke-Koalition für 2012 beschließen soll, hat für Mittwoch ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Studenten und freien Schulen zu einem Aktionstag in Potsdam aufgerufen. Erwartet werden knapp 5000 Teilnehmer. Zu den Initiatoren gehören die Jusos und das „Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie“ für Brandenburg, Mecklenburg und Sachsen-Anhalt. Dort, aber auch bei den Linken, nimmt das Unbehagen wegen der Kürzungen bei Bildung und Wissenschaft zu – zumal die Pläne im Widerspruch zu Erklärungen von Platzeck und den Wahlprogrammen beider Parteien stehen.

„Wenn das realisiert wird, wäre das übel“, sagt etwa Klaus Faber, Chef des SPD-Wissenschaftsforums, Publizist und früher Staatssekretär in Sachsen-Anhalt. „Das kann nicht so weitergehen“. Für Faber steht der Regierungskurs Brandenburgs im Widerspruch zu den jüngsten Beschlüssen des SPD-Bundesparteitags, der sich – mit den Stimmen der Brandenburger Delegierten – für eine Aufstockung der Hochschulfinanzierung ausgesprochen hat. Brandenburg sei bei den Pro-Kopf-Hochschulausgaben „Schlusslicht aller Länder“, selbst in Mecklenburg-Vorpommern lägen sie doppelt so hoch, betont Faber. Dabei seien die Studentenzahlen in den letzten Jahren von 20 000 auf 51 000 gestiegen, ohne dass die Landes-Zuweisungen angepasst wurden. 2012 sollen die sieben Hochschulen Brandenburgs zwar mit knapp 260 Millionen Euro wegen gestiegener Personalkosten etwas mehr Geld erhalten als 2011, aber zugleich zwölf Millionen Euro einsparen, bis 2014 sogar rund 27 Millionen Euro.

Im Gegensatz zu den Hochschulen haben die freien Schulen, die über eine Volksinitiative knapp 34 000 Protest-Unterschriften gesammelt haben, Nachbesserungen erreicht. Rot-Rot drosselt die weiterhin steigenden Landesmittel bis 2014 nun weniger stark, nämlich um 13 statt wie zunächst geplant um 20 Millionen Euro. Trotz dessen reißt die Kritik auch in den Reihen der SPD nicht ab. So setzten Sozialdemokraten gemeinsamen mit Grünen im Stadtparlament von Oranienburg einen Antrag gegen die Kürzungen durch. Auch der Kreistag von Ostprignitz-Ruppin fasste auf SPD-Initiative einen solchen Beschluss. Und auf dem SPD-Landesparteitag wäre jüngst fast ein Antrag des Potsdamer SPD-Unterbezirkes – Chef Mike Schubert leitet die SPD-Landeskommission für das neue Leitbild „Brandenburg 2030“ – gegen Kürzungen bei Bildung und Wissenschaft verabschiedet worden. Er scheiterte nach einer persönlichen Intervention Platzecks mit 47 gegen 49 Stimmen. Allerdings hatte Platzeck dort weitere Sparanstrengungen angekündigt. Das Land müsse 2020 mit knapp zwei Milliarden Euro weniger auskommen. Auch für Bildung und Wissenschaft werde es „weniger Geld“ geben, sagte er. Dort werde aber nicht so stark gekürzt wie anderswo.

Die Kritik der Opposition am Zehn-Milliarden-Etat richtet sich dagegen auf die Einnahmenlücke. CDU, FDP und Grüne rügen, dass Brandenburg als einziges Ost-Land 2012 immer noch 270 Millionen Euro neue Schulden machen will. Thorsten Metzner

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