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Berlin: Der Spendensammler

Israels Oberrabbiner Yonah Metzger besucht die Jüdische Gemeinde Berlins – und legt den Grundstein für ein neues Bildungszentrum in Wilmersdorf

Sylva Franke ist ganz ergriffen. „Das ist das erste Mal, dass ich bei einer Rede so aufgeregt bin vor Freude!“ Die Vorsitzende der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde Berlins blättert geräuschvoll in ihren Zetteln und liest ihre Ansprache mit leicht zitternder Stimme. Vor ihr links im großen Saal des jüdischen Gemeindehauses in der Fasanenstraße sitzt der Grund für ihre Aufregung: Israels Oberrabbiner Yonah Metzger. Die höchste religiöse Instanz der Aschkenasim, der Juden Mittel- und Osteuropas, ist zum ersten Mal zu Besuch bei der Jüdischen Gemeinde Berlins. Der Saal ist voll, so voll, dass die für seine Rede ausgeteilten Kopfhörer bei weitem nicht ausreichen und der Dolmetscher auf der Bühne vom Hebräischen ins Deutsche übersetzen muss.

Der Oberrabbiner ist auf Einladung von Yehuda Teichtal, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Berlins, aus Tel Aviv gekommen, um den Grundstein für ein neues Bildungszentrum in der Münsterschen Straße in Wilmersdorf zu legen. Am Montagmorgen wird er den Grundstein legen, dann fährt er weiter nach Dresden, um dort die Jüdische Gemeinde zu besuchen.

Im Berliner Haus sollen eine jüdische Kinderkrippe und eine Bibliothek entstehen. Das Zentrum ist als Begegnungsstätte gedacht und soll die jüdische Erziehung der Kinder fördern. Der Bau wird durch Spenden finanziert. Zwei Millionen Euro braucht die Gemeinde, um das Zentrum zu bauen, 1,5 Millionen sind schon da, sagt der Oberrabbiner und lobt die Großzügigkeit der Gemeinde. „Ich saß mit 15 Personen zusammen, und es dauerte keine Viertelstunde, bis 500000 Euro Spendengelder zusammenkamen.“ Der große Mann, der freundlich in den Saal lächelt und beim Reden viel gestikuliert, ist auch gekommen, um seiner Gemeinde Mut zu machen. Er erzählt aus der Bibel vom Gleichnis des brennenden Dornbusches. „So wie der Dornbusch nicht verbrannte, so werden wir nicht verbrennen. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Gegenwart und nicht in der Zukunft.“

Das Publikum klatscht begeistert – wie eigentlich bei jedem zweiten Satz des Oberrabbiners. Yonah Metzger redet im übrigen auch von der Bundesregierung, die „die jüdischen Brüder und Schwestern aus Osteuropa bereitwillig aufnimmt“, und äußert sich zu den Selbstmordattentätern, über die er mit dem kasachischen Präsidenten sprach. „Ich fragte ihn, ob Abraham unser gemeinsamer Vater sei. Er sagte Ja. Aber ein Vater, der wollte, dass ein Bruder sich umbringt, um den anderen Bruder umzubringen, so einen Vater gibt es nicht.“

Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der Bischofskonferenz und Probst Karl-Heinrich Lütke, aber auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer sind gekommen, um dem Oberrabbiner zuzuhören. Mina Aronmudenga, die seit 25 Jahren in West-Berlin lebt, findet es fast ein wenig schade, dass bei der Veranstaltung so viel Andrang herrscht. „Ich hatte ja gehofft, einige Fragen zum Thema Antisemitismus stellen zu können. Und das wäre in einer kleineren Runde irgendwie besser gewesen.“

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