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Deutscher Filmpreis: Roter Teppich für die Lola

Zur Verleihung des 60. Deutschen Filmpreises im Friedrichstadtpalast wurde auch Angela Merkel erwartet

Um den allerersten Deutschen Filmpreis für den „Besten abendfüllenden Spielfilm“ zu überreichen, genügte noch der Leiter der Kulturabteilung im Bundesinnenministerium, Erich Wende mit Namen. Der amtierende Innenminister Robert Lehr, damals auch zuständig für den Film, hatte kurzfristig abgesagt. Das war am 6. Juni 1951 im Steglitzer Titania-Palast, im Rahmen der Eröffnungsgala der ersten Berlinale.

Am Freitagabend dagegen, zum 60. Deutschen Filmpreis, musste es schon eine Kanzlerin sein. Nie zuvor war Angela Merkel von Amts wegen bei diesem Glamourtermin, auch die Berlinale-Gala ließ sie bisher aus. Aber zu solch einem Jubiläum ist ihr Kommen angenehme Pflicht, und es war ja auch einiges Neue zu erwarten: Iris Berben und Bruno Ganz als frisches Präsidentenpaar der veranstaltenden Filmakademie, deren 1200 Mitglieder die Preise in 16 Kategorien vergeben, neue Filme natürlich und der Friedrichstadtpalast als neue Feierstätte. Dort ist der Filmpreis nach mehrfachem Umzug in den vergangenen Jahren (von der Staatsoper ins Tempodrom, von dort ins Palais am Funkturm) wieder angekommen – ein durch bislang zweifachen und auch künftigen Berlinale-Einsatz in der hiesigen Lichtspiellandschaft mehr und mehr sich etablierender Ort, wo schon 1995 der Filmpreis verliehen wurde. Nur für die Vorfahrt der Prominenten bleibt der Vergnügungstempel in der Friedrichstraße so problematisch wie einst der Zoo-Palast.

Genau 525 Quadratmeter roter Teppich wurden ausgerollt, eine 48 Meter lange Fotowand sollte der Friedrichstraße Glanz und Glamour verleihen, abgesehen von den erwarteten Spitzenkräften der deutschen Filmlandschaft. Benjamin Herrmann und Florian Gallenberger, die künstlerischen Leiter der diesjährigen Filmpreisshow, hatten sich schwer ins Zeug gelegt, um ebenfalls glanzvolle Laudatoren für die Preisträger zu finden. Christoph Waltz, für seine Rolle in „Inglourious Basterds“ kürzlich mit einem Oscar geehrt, würde einen Preis überreichen, ebenso die beiden Oscar-Preisträger Branko Lustig und Sir Ken Adam, Produzent der erste („Schindlers Liste“, „Gladiator“), Szenenbildner der zweite („Dr. Seltsam“, „Barry Lyndon“, „Goldfinger“). Moderieren durfte wie in den beiden Vorjahren Barbara Schöneberger.

Um 18.30 Uhr sollten alle 1800 Gäste auf ihren Plätzen sitzen, die Karten waren hochbegehrt gewesen. Ab 17 Uhr hatte der Einlass der Geladenen begonnen, denen im Foyer erst mal ein Aperitif kredenzt wurde. Die Nominierten taten wie üblich sehr cool oder sehr aufgeregt, besonders im Team von Michael Hanekes „Das weiße Band“ dürften die Herzen heftig geklopft haben: 13 Nominierungen, das muss man sich mal vorstellen! Natürlich für den besten Spielfilm, aber auch für die beste Regie, das beste Drehbuch, die beste weibliche und die beste männliche Hauptrolle und und und. Dann kam erst mal nichts und danach Feo Aladags „Die Fremde“ mit sechs sowie Hans-Christian Schmids „Sturm“ mit fünf Nominierungen. Als Höhepunkt des Abends war die Auszeichnung des „Besten Spielfilms“ angekündigt worden, zur Wahl stehen „Alle Anderen“, „Die Fremde“, „Soul Kitchen“, „Sturm“, „Wüstenblume“ und eben „Das Weiße Band“. Diese Lola sollte durch die Kanzlerin verliehen werden. Danach waren dann Feiern und Schlemmen vorgesehen, acht in Berlin ansässige Cateringfirmen und Restaurants hatte man dafür engagiert.

Der erste Preis für den „Besten abendfüllenden Spielfilm“ war 1951 übrigens noch keine kahlköpfige Dame in Gold, sondern ein goldener Leuchter. Auch sein Regisseur Josef von Baky und Drehbuchautor Erich Kästner wurden an jenem Abend ausgezeichnet. Den Film kannten viele schon als Kinderbuch: „Das doppelte Lottchen“.

Kultur, Seite 23

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