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Vom Verstehen zur Verständigung. Ex-Bundespräsident Horst Köhler gratuliert Neil MacGregor zum Deutschen Nationalpreis für die Ausstellung über 600 Jahre deutscher Geschichte.

© MacDougall/AFP

Deutscher Nationalpreis für Neil MacGregor: Eine Ehrung für den Schotten

Die deutsche Nationalstiftung ehrt Neil MacGregor, den Gründungsintendanten des Humboldtforums, mit einer geistreichen Feierstunde.

Hat er je ein besseres, größeres Geburtstagsgeschenk bekommen? Neil MacGregor konnte sich nicht erinnern. Am Dienstagvormittag gab es in der Französischen Friedrichstadtkirche auf dem Gendarmenmarkt gleich doppelten Anlass, dem Gründungsintendanten des Humboldtforums zu gratulieren: An dem Tag feierte er seinen 69. Geburtstag – und bekam den mit 50 000 Euro dotierten Deutschen Nationalpreis 2015 überreicht.

An honorigen Gratulanten war kein Mangel, darunter der neue Senatspräsident der Stiftung Horst Köhler, der Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert, Finanzminister Wolfgang Schäuble, der Präsident des Goethe-Instituts Klaus Lehmann, Lothar de Maizière, Egon Bahr und Großbritanniens Botschafter Simon McDonald.

„Manchmal schmückt der Preis den Preisträger, manchmal schmückt der Träger aber auch den Preisverleiher“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Richard Schröder, der sich stolz zeigte, dass „wir Ihre Preiswürdigkeit erkannt haben, ehe Sie zum Intendanten ernannt wurden“. Lange war das Deutschlandbild in Großbritannien von der Zeit zwischen 1933 und ’45 geprägt. Mit der im Britischen Museum gezeigten Sonderausstellung „Germany – Memories of a Nation“ über 600 Jahre deutsche Geschichte habe sich Neil MacGregor als „beherzter Botschafter der Versöhnung“ erwiesen, sagte Laudatorin Monika Grütters.

In ihrer herzlichen Rede erklärte die Staatsministerin in Anlehnung an ein bekanntes Buch MacGregors den Preisträger anhand von fünf Objekten. Der Stein von Rosette gehörte dazu, der MacGregor wegen seiner Inschriften schon als Schüler fesselte, das Dali-Bild „Der Christus des heiligen Johannes vom Kreuz“, weil der manchmal auch „Saint Neil“ genannte Kunsthistoriker ein besonderes Interesse an den existenziellen Fragen des Menschseins habe, Ernst Barlachs Engel „Die Schwebende“, weil er zum Hoffnungsträger wurde, dass aus Verstehen Verständnis und schließlich Verständigung werden kann.

Ein Brite "im Land der Mülltrenner"

Außerdem gehörte noch die weit geöffnete Pforte des Britischen Museums dazu, die bei freiem Eintritt den Zweck verfolge, bessere Bürger zu bilden. Und am Schluss nannte Grütters das typische deutsche Baustellenoutfit als besondere Herausforderung für einen Briten, „im Land der Mülltrenner“ eine Litanei aus Sicherheitsvorschriften verkraften zu müssen. Da er in seiner Heimat Kultstatus genieße, sah sie ein, dass es die Landsleute kaum trösten dürfte, dass er in der kommenden Woche in Berlin die Queen’s Lecture in Gegenwart der echten Queen halten wird.

Die Dankrede des Preisträgers reichte von der Hamburger Gastfamilie, die dem fremden Austauschschüler gleich einen Schlüssel anvertraute, über die Aufnahme der Hugenotten in Berlin bis zu Theodor Fontane, der ausnahmsweise mal nicht nur Erbauliches zum Festgeschehen beizutragen hatte. MacGregor erinnerte daran, wie der Schriftsteller die Wirkung eines schottischen Sonntags auf den Reisenden mit der eines Gewitters auf eine Landpartie verglich und außerdem die MacGregors als „räuberisches Gesindel“ erwähnte. Und da stand nun der Nachfahr vor 400 Berliner Honoratioren, hochgepriesen als „Türöffner in die Welt“, gleichzeitig ein ironischer Mahner, diese Welt immer wieder mit neuen Augen zu betrachten.

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