zum Hauptinhalt
Allein im Schulhaus. Die Schülerinnen und Schüler sollen künftig vor schulfremden Personen, die sich heimlich Zugang verschaffen, besser geschützt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Die Angst vor dem Unheimlichen: Zwei Mädchen sollen auf Schultoilette belästigt worden sein

Erneut sollen Mädchen auf einer Schultoilette von einem Unbekannten belästigt worden sein. Sie hatten an einem Verhaltenstraining teilgenommen – das könnte sie vor Schlimmerem bewahrt haben. Wie können Berlins Schülerinnen und Schüler geschützt werden?

Kinder und Eltern der Grundschule am Falkplatz in Prenzlauer Berg sind geschockt: Zwei Mal sollen im Februar Schülerinnen von unbekannten Männern auf der Schultoilette angesprochen und belästigt worden sein. Der erste Vorfall ereignete sich offenbar am 15. Februar. Eine Schülerin war allein aufs WC gegangen, sie erzählte später, sie habe noch vor einem Fremden flüchten können. Am Donnerstag hatten erneut zwei Mädchen, die gemeinsam die Toilette besuchten, ein solches unheimliches Erlebnis. Ein Unbekannter habe sie festgehalten, sie hätten sich noch losreißen können, erzählten die Kinder. Der Polizei liegen zwei entsprechende Anzeigen vor. „Wir nehmen das sehr ernst und ermitteln intensiv“, heißt es. Die Deutsche Polizeigewerkschaft bemängelte am Freitag, an Berlins Schulen gebe es noch viel zu selten vernünftige Sicherheitskonzepte.

An der Schule am Falkplatz, die sich in Berlin als „Umweltorientierte Schule“ einen Namen gemacht hat, sollen Kinder auch schon im vergangenen Jahr von ähnlichen Vorfällen berichtet haben. Daraufhin kamen Präventionsexperten der Polizei in die Klassen und trainierten mit den Kindern, wie sie sich in einer Bedrohungssituation durch geschickte Reaktionen schützen können und wie man solchen Vorfällen am besten vorbeugt. „Nur zu zweit auf die Toilette gehen“, lautet eine Grundregel. Das hatten die beiden Mädchen am Donnerstag offenbar beherzigt. Vielleicht wurden sie dadurch vor Schlimmerem bewahrt.

Nun will die Gesundheitsstadträtin des Bezirks Pankow, Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), gemeinsam mit der Schule und Polizeiexperten ein umfassendes Sicherheitskonzept für das Gebäude an der Gleimstraße erarbeiten. Dazu könnten der Stadträtin zufolge auch zusätzliche Mitarbeiter gehören, „die tagsüber als Aufpasser ständig auf dem Schulgelände unterwegs sind“. Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, Bodo Pfalzgraf, fehlen an den meisten Schulen in Berlin noch solche Sicherheitsvorkehrungen. Dazu gehört aus seiner Sicht, dass sich die Toiletten in den jeweiligen Unterrichtsgebäuden befinden und „nicht irgendwo auf dem Freigelände, zum Beispiel am Pausenhof“, und dass die Hauptgebäude während der Unterrichtszeiten konsequent verschlossen bleiben. Die Eingangstüren sind dann nur noch von innen zu öffnen, Besucher müssen im Sekretariat klingeln. Außerdem könnte das Hausmeisterbüro zum Haupteingang verlegt werden, um diesen besser unter Kontrolle zu haben. Auch der Vorsitzende des Landeselternausschusses Günter Peiritsch hält es für dringend nötig, die Sicherheitslage an den Schulen zu verbessern. „Es gibt da einen hohen Nachholbedarf.“ Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus griff das Thema bereits Mitte vergangenen Jahres auf. Sie forderte in einem Drei-Punkte-Programm zentral steuerbare Schließanlagen für alle Schulen, Video-Gegensprechanlagen für die Sekretariate und Assistenten für die Hausmeister, die an den Eingängen postiert sein sollten. Anlass für diese Initiative war ein schwerwiegender sexueller Übergriff am 1. März 2012 auf der Toilette der Humboldthain-Grundschule in Gesundbrunnen. Dort hatte ein inzwischen zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilter Täter ein achtjähriges Mädchen hinter der verriegelten Kabinentür mit einem Messer bedroht und zu sexuellen Handlungen gezwungen.

Der damalige CDU-Vorschlag blieb dann erst einmal liegen, wird aber seit Anfang dieses Jahres wieder vorangetrieben. Nach Angaben der Christdemokraten erörtern die rot-schwarzen Koalitionsfraktionen derzeit gemeinsam mit Fachleuten, „welche Maßnahmen in ein wirksames Sicherheitskonzept hineingehören“. Danach wollen sie entsprechende Vorkehrungen an den Schulen politisch durchsetzen.

Pankows Stadträtin Zürn-Kasztantowicz ist allerdings skeptisch, „inwieweit sich die Schulen mit ihrem regen Publikumsverkehr und den vielen Schlupflöchern überhaupt vollkommen schützen lassen“. Wie eine Burg sollten die Schulen ja auch nicht eingemauert werden. Deshalb hält die Stadträtin auch die Präventionsarbeit der Polizei für „äußerst wichtig“. Es gibt in jedem Polizeiabschnitt mindestens einen speziell geschulten Präventionsbeauftragten und weitere Verhaltenstrainer an der Landespolizeischule. Sie sollen das Selbstbewusstsein der Kinder stärken. Die Trainer machen den Mädchen und Jungen unter anderem Mut, konsequent Nein zu sagen und einem erwachsenen Fremden dabei direkt in die Augen zu schauen. Außerdem lernen die Schüler „die drei L’s“, wie Polizeitrainer erläutern: laut werden, laufen, Leute ansprechen. Und selbst die panische Angst, die einem die Kehle zuschnürt, lässt sich vermindern: durch Schreiübungen mit den Kindern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false